Drücken Sie „Enter“, um den Inhalte zu überspringen

Rote Lippe Rose intern 09/2016

Deutsche Geschichte

Kratzer

Die 1969 spürbare Konfliktlinie zwischen Willy Brandt und Helmut Schmidt wurde auch nach dem glanzvollen SPD-Wahlerfolg aus dem November 1972 mit einer Rekordwahlbeteiligung von 91,1 Prozent deutlich, als mit der aufkommenden Öl- und Wirtschaftskrise im Winterhalbjahr 1973/74 handfeste Kratzer am Nimbus des Kanzlers Willy Brandt offenkundig wurden. Die Spannungen waren zuvor gleichfalls bei der Bildung des zweiten SPD/FDP-Bündnisses aufgetreten, als der auf politische Profilierung bedachte Brandt-Intimus Horst Ehmke auf Initiative des inzwischen zum Superminister für Finanzen und Wirtschaft beförderten Helmut Schmidt und des SPD-Fraktionsbosses der sozialliberalen Ära, Herbert Wehner, als Kanzleramtsminister weichen musste. Die mit Hamburger Wahlkreisen ausgestatteten zwei SPD-Spitzen nutzten die Erkrankung des Promotors der deutschen Ostpolitik und Friedensnobelpreisträgers von 1971 noch in der Wahlnacht für ihre eigenen Personaloperationen.

Hinterfragte die Rolle von Helmut Schmidt bei der Ostpolitik von Willy Brandt:Der ehemalige Ratsherr Elmar Arnemann (rechts), links im Bild Katia Conigliaro von der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Kanzlerwechsel

Beim Wechsel der Kanzlerschaft von Willy Brandt zu Helmut Schmidt soll der Amtsnachfolger keine unmittelbare Rolle eingenommen haben, vielmehr wird damit verstärkt Herbert Wehner in Verbindung gebracht. Dies unterstrich auch die in dem anmutigen Ambiente der Lippstädter Bücherei ausgerichtete Diskussion zwischen Gunter Hofmann und Franz Müntefering. Viel wird immer wieder spekuliert, ob es für die Politik von Helmut Schmidt nicht förderlicher gewesen wäre, wenn er neben der Kanzlerschaft auch den SPD-Vorsitz von Willy Brandt übernommen hätte. Doch der zweite Kanzler der SPD/FDP-Konstellation hätte keine ernsthaften Versuche gestartet, auch den SPD-Chefsessel einzunehmen. Stattdessen habe es ein erstaunliches Maß von Zusammenwirken des Parteivorsitzenden mit dem neuen Kanzler gegeben. Erst mit dem Aufkommen der Debatte über die Nachrüstung entzweiten sich die tonangebenden Männer im Bonner Kanzleramt und in der benachbarten SPD-Baracke zunehmend.

Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

Letzte Aktualisierungen: