Rückblick auf die Rede von Bernd Faulenbach zur SPD-Geschichte
Mit dem Bochumer Sozialdemokraten und Professor Dr. Bernd Faulenbach war im April ein deutschlandweit anerkannter Historiker und exzellenter Kenner der sozialdemokratischen Geschichte zum SPD-Stadtparteitag nach Lippstadt gekommen.
Verfolgung ausgesetzt
In seinem Referat „150 Jahre SPD – Woher wir kommen, wohin wir wollen“ spannte der Vorsitzende der historischen Kommission beim SPD-Parteivorstand in Berlin einen Bogen von der Entstehung der Sozialdemokratie aus dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) am 23. Mai 1863 bis in die politische Gegenwart und ihrer heutigen Bedeutung als Volkspartei. „Wenn man einen Menschen fragt, wer er ist, so wird er in der Regel seine Lebensgeschichte erzählen“. Diese Bemerkung stellte der Geschichtsforscher an den Beginn seiner Ausführungen im „Kasino“ und sie gelte auch für die Sozialdemokratie. Der Einsatz für eine Verbesserung der sozialen Verhältnisse und ihre Verpflichtung für die Demokratie habe die SPD geprägt. Die Sozialdemokratie habe wie keine andere Partei für die Durchsetzung der Demokratie in Deutschland gekämpft, hob der Redner mit Blick auf die Verfolgung ihrer Mitglieder im Kaiserreich sowie während der Diktaturen der Nazis im Dritten Reich von 1933 bis 1945 und der Kommunisten in Ostdeutschland von 1945 bis 1989 hervor. „Die Geschichte der Demokratie in Deutschland kann ohne die SPD nicht geschrieben werden“, unterstrich Bernd Faulenbach vor den Teilnehmern des Lippstädter SPD-Stadtparteitages.
Ausgleich betrieben
„Die SPD hat sich stets für einen Ausgleich in der internationalen Politik eingesetzt“, betonte der Ehrenvorsitzende der Bochumer SPD in seinem Lippstädter Referat vor dem Hintergrund des Eintretens seiner Partei für den Völkerbund, die Locarno-Politik in der Weimarer Republik, für ein vereinigtes Europa, den Ausgleich mit dem Osten während der sogenannten neuen Ostpolitik und der Kanzlerschaft von Willy Brandt, den KSZE-Prozess und gesamteuropäische Lösungen seit den 1970er Jahren.
Zeichen des Widerstands
Die Rede von Otto Wels gegen das Ermächtigungsgesetz der Nazis vom 23. März 1933 charakterisierte Bernd Faulenbach in seiner geschichtlichen Betrachtung der Sozialdemokratie als ein Dokument der politisch-moralischen Selbstbehauptung der SPD. Die Abgeordneten der SPD-Fraktion waren die einzigen, die in der namentlichen Abstimmung mit „Nein“ votierten. Sie wussten, dass sie damit das Gesetz nicht mehr verhindern konnten, aber sie wollten ein Zeichen des Widerstands setzen.
Freiheit und Menschlichkeit
Das Gesetz wurde mit den Stimmen der NSDAP, der DNVP, des Zentrums, der BVP, der DVP, der Staatspartei und des Christlichen Sozialen Volksdienstes beschlossen. Der Bochumer fügte in Lippstadt hinzu: „Das Parlament schaltete sich damit selbst aus, was den 23. März 1933 zum ’schwärzesten Tag‘ der Geschichte des deutschen Parlamentarismus machte.“ Der Beitrag von Otto Wels habe den Protest des demokratischen Deutschland, das auf die Sozialdemokratie zusammengeschrumpft war, in eindrucksvoller Weise ausgedrückt. Der Sozialdemokrat habe der Gewaltpolitik Hitlers noch einmal die Ideen des demokratischen Sozialismus entgegengesetzt. Sein Vortrag sei für viele Jahre die letzte große Rede im Reichstag gewesen. „Eine Proklamation der Freiheit und der Menschlichkeit.“
Linie der Humanität
„Die deutsche Sozialdemokratie ist von der Linie der Humanität und der Demokratie in diesen Jahren wie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts niemals abgewichen“, stellte der 69-jährige heraus. Die Geschichte der SPD bilde geradezu die Gegengeschichte zu jenem „deutschen Sonderweg“, der seinen Höhepunkt im sogenannten Dritten Reich, im Zweiten Weltkrieg und im Holocaust hatte, und damit in einer beispiellosen Katastrophe endete. Für die Ideen der sozialen Demokratie seien während der Nazi-Diktatur Menschen mit Leib und Leben eingestanden