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Politik in der Zeitenwende

Hans Zaremba über Lars Klingbeil bei der IHK

Von „turbulenten Zeiten“ sprach der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil, als er beim diesjährigen Jahresempfang der Industrie- und Handelskammer (IHK) vor über 300 geladenen Besucherinnen und Besuchern seine Rede eröffnete. Ebenso meinte der aus Niedersachsen stammende Spitzenpolitiker, dass Deutschland trotz der Folgen aus der Pandemie und des russischen Angriffs auf die Ukraine mit der Neuorganisation der Energieversorgung „gut durch das letzte Jahr“ gekommen ist.

Seine Rede erstreckte sich von der Bürokratie bis zur Schuldenbremse:
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil als Gast des Jahresempfanges der Industrie- und Handelskammer.
Foto: Karl-Heinz Tiemann

Herausforderungen

Zugleich skizzierte der Sohn eines Bundeswehr-Soldaten und einer Einzelhandelskauffrau die gegenwärtige Lage der Politik, die über die Kriege in Nahost und in Osteuropa hinaus von den Veränderungen bei der Energiegewinnung, Inflation und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Haushaltspolitik der Bundesregierung mit beeinflusst werde. „Wir haben eine Aufgabe vor uns“, sagte Lars Klingbeil zu den Herausforderungen in den nächsten zwei Jahrzehnten. Das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts darf aus Sicht des SPD-Chefs nicht zu einem Modernisierungsstopp in Deutschland führen. Dabei setzt er auf ein geschicktes Zusammenwirken von Staat und Markt. Die Zukunftsfelder Wasserstoff, E-Mobilität, Künstliche Intelligenz, Digitalisierung und Halbleiter benötigten staatliche Investitionen. Für eine solide Haushaltspolitik müsse die Schuldenbremse reformiert werden, um in die Zukunftsbereiche investieren zu können. In ihrer jetzigen Form werde die Schuldenbremse zu einer Wachstums- und Innovationsbremse. Ähnlich wie am vergangenen Sonntagabend in der Fernsehrunde bei Anne Will wehrte sich der Vorsitzende der Kanzlerpartei auch bei der Versammlung der Unternehmer und Kommunalpolitiker aus der heimischen Region in Arnsberg dagegen, infolge des Karlsruher Urteils die fehlenden 60 Milliarden im Bundeshaushalt durch Kürzungen im Sozialetat auszugleichen. Einschnitte bei den Rentnern und Alleinerziehenden, „sind mit der SPD nicht zu machen“, unterstrich der von der IHK verpflichtete 45jährige. Auch die oftmals von vielen Mittelständlern beklagte Bürokratie wurde von dem Sozialdemokraten in seinen Auslassungen aufgegriffen. Es sei typisch deutsch, immer noch den „schlimmsten Fall“ – abzusichern. Der Bundestagsabgeordnete aus dem norddeutschen Wahlkreis Rotenburg an der Wümme wünscht sich hier größere Spielräume.

Fachkräftemangel

Überdies sprach sich der seit 2021 amtierende SPD-Vorsitzende und auf dem in der kommenden Woche in Berlin stattfindenden Parteitag der Sozis wieder für diese Funktion kandierende Politiker für schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren öffentlicher Projekte aus. Vor dem Hintergrund eines vorhergehenden Termins im Sauerland bemerkte er in Arnsberg: „Welche Verwerfungen eine Brücke haben kann, habe ich gerade sehen.“ Bezüglich der künftigen Energieversorgung erwartet Lars Klingbeil bis 2030 einen Anteil von „80 Prozent an erneuerbarer Energie“. Ein klares Plädoyer für die duale Ausbildung („Ein System für das wir im Ausland beneidet werden“) und eine Wertschätzung der Arbeit an den Werkbänken war von dem Gastredner der Industrie- und Handelskammer gleichfalls zu vernehmen. Obendrein   sollten die Möglichkeiten von Zuverdiensten für Rentner „attraktiver“ gestaltet werden. Ebenso würde für eine Verbesserung der Vereinbarungen von Familie und Beruf durchaus noch Luft nach oben bestehen. Ein weiteres Thema, welches dem Absolventen des Studiums der Politikwissenschaft, Soziologie und Geschichte mit Magister-Abschluss aus seinen Besuchen von mehreren Unternehmen nicht unbekannt ist, ist der Fachkräftemangel. „Wir können nicht davon ausgehen, dass alle hoch qualifizierten Fachkräfte aus dem Ausland unbedingt in Deutschland arbeiten möchten. Wenn wir unseren Wohlstand erhalten wollen, brauchen wir aber Unterstützung durch diese Fachkräfte in den Unternehmen.“ Die erforderliche Willkommenskultur könnten die Firmen durch das Betriebsklima prägen.

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