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Vollversicherung und Personalmangel

Hans Zaremba über ein Forum der SPD zur Pflege

Nach einer im August veröffentlichten repräsentativen Forsa-Umfrage ist eine große parteiübergreifende Mehrheit der Bevölkerung für den Ausbau der gesetzlichen Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung. Ein Votum, das auch beim öffentlichen Pflegeforum der SPD-Arbeitsgemeinschaft 60plus im Bad Waldliesborner Seniorenheim „Residenz“ mit dem pflege- und gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Thorsten Klute, zu aufgegriffen wurde.

Der Personalmangel bestimmte das von ihnen gestaltete Pflegeforum in der Residenz:
Von links Dr. Martin Krane, Nicole Fischer, Karl-Heinz Tiemann und Thorsten Klute.
Foto: Hans Zaremba

Pflegeausbildung

Der heutige Landtagsabgeordnete und ehemalige Versmolder Bürgermeister bekräftigte in der vom Vormann der Lippstädter SPD-Senioren, Karl-Heinz Tiemann, geleiteten Runde den schon Ende der 2010er Jahre gefassten Beschluss seiner Partei, für eine Pflegevollversicherung die gesetzliche und private Pflegeversicherung zu einer Bürgerversicherung zusammenzuführen. Bislang habe man für eine Realisierung dieses Vorhabens, das durch die massiv steigenden Pflegekosten immer bedeutender werde, wegen der fehlenden Mehrheiten im Bundestag nicht durchsetzen können. Unterdessen sind nun infolge der erhöhten Unterbringungskosten in den Pflegeeinrichtungen gleichfalls aus der CDU Forderungen nach einer Vollversicherung zu registrieren. Überdies nahm in der gut besuchten Zusammenkunft in Bad Waldliesborn der Mangel an Fachpersonal und die Gewinnung von Nachwuchskräften für den Pflegeberuf einen breiten Rahmen ein. Besonders in der Kritik stand die in 2020 eingeführte „Generalistik“, mit der die bis dato getrennten Ausbildungen in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege zusammengefasst wurde. Für die handelnden Personen der Altenhilfe ist die generalistische Pflegeausbildung gescheitert. Das war aus den Worten des Residenz-Geschäftsführers Dr. Martin Krane und der dortigen Einrichtungsleiterin Nicole Fischer deutlich zu hören: „Verlierer dieser Reform ist nach unseren Erfahrungen die Altenpflege.“ Viele der Absolventen der generalistischen Ausbildung würden sich weniger für die Pflege, sondern mehr für eine Tätigkeit in einem Krankenhaus entscheiden. Das habe den ohnehin vorhandenen Mangel an Fachpersonal für die Pflege zusätzlich gesteigert. Beklagt wurde überdies, dass nur 60 Prozent der Pflegeeinrichtungen ausbilden. Eine Entwicklung, die genauso von der Politik gesehen werde, da nach den Auslassungen von Thorsten Klute die Ausbildungszahlen in Nordrhein-Westfalen überdurchschnittlich um neun Prozent zurückgegangen seien, während im Bund der Wert sieben Prozent betrage.

Gemeindeschwestern

Dieser Aspekt und die dramatische Entwicklung der Probleme in der Pflege habe die SPD-Landtagsfraktion veranlasst, vor zwei Monaten einen pflegepolitischen Gipfel auszurichten. Mehr als 70 Experten von Trägerorganisationen, Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften und Pflegediensten hätten daran teilgenommen. Der Sozialdemokrat bedauerte, dass es der zuständige Minister der Landesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), bislang kontinuierlich abgelehnt habe, ein solches Format anzubieten, um gemeinsam Lösungsvorschläge für einen Ausweg aus der offenkundigen Pflegekrise zwischen Rhein und Weser zu entwickeln. Zum Hintergrund der SPD-Initiative erklärte der einstige Staatssekretär für Integration im Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen: „Allein in der ersten Hälfte des Jahres 2023 gab es in NRW fast dreimal so viele Insolvenzen wie im Vorjahr. Im ersten Halbjahr waren bereits 73 Einrichtungen betroffen, im gesamten Jahr 2022 waren es 25.“ Die Landesregierung tue zu wenig, meinte der in Versmold aufgewachsene Jurist, was insbesondere die Situation der Pflegeschulen in Nordrhein-Westfalen offenbare. „Für eine qualitative Pflegeausbildung müssen die Pflegeschulen bestens ausgestattet sein. Die Investitionen des Landes decken aber nur 30 bis 50 Prozent der notwendigen Aufwendungen ab.“ Der Fingerzeig nach dem Bund dürfe keine Ausrede sein, um sich aus dieser Verantwortung zu ziehen. Die SPD moniere weiterhin, dass das Land seiner Investitionspflicht nicht ausreichend nachkomme. Obendrein wünsche sich seine Fraktion den Einsatz von Gemeindeschwestern nach dem Vorbild von Rheinland-Pfalz, die vor Ort über Anspruchsberechtigungen und Entlastung aufklären könnten.

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