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Abschied von einem vertrauten Quartier

Hans Zaremba über den Umzug der Feuerwehr in Wadersloh

Mit dem Beschluss des Wadersloher Gemeinderates aus dem Dezember 2019, im Gewerbegebiet einen neuen Standort für die Freiwillige Feuerwehr zu planen, wurde zugleich das Ende des im August 1965 seiner Funktion übergebenen Gerätehauses an der Langenberger Straße besiegelt. Bei der von der Gemeindevertretung in Wadersloh wenige Tage vor Weihnachten 2019 getroffenen Entscheidung für den künftigen Sitz der Wehr handelt es sich mit dem Kostenanschlag von rund fünf Millionen Euro um das zweihöchste Investment der zum 1. Januar 1975 im Südosten des Kreises Warendorf aus Diestedde, Liesborn und Wadersloh gebildeten Großgemeinde.  

Nach fast sechs Jahrzehnten steht sein Ende bevor: Das in 1965 errichtete Wadersloher Feuerwehrhaus mit der integrierten Wohnung für den Gerätewart  an der Langenberger Straße.

„Spritzenhaus“

Die Gründe für das grundlegende Votum der Damen und Herren des Rates für den Neubau an der Ecke von Bosch- und Dieselstraße waren vielfältig: Vom Alter des in den 1960er Jahren errichteten Bauwerks über die erhöhten Anforderungen nach dem Brandschutzbedarfsplan und der Unfallverhütung bis zur Tatsache, dass am gegenwärtigen Ort keine Erweiterung und Ertüchtigung möglich ist. Durch den Ende 2019 eingeleiteten Abschied vom vertrauten Quartier an der Langenberger Straße, das nun in die Neugestaltung des gleichfalls nicht mehr benötigten Realschul-Geländes einbezogen werden soll, werden gleichzeitig viele Erinnerungen der seit 1906 währenden Geschichte der Feuerwehr in Wadersloh wach. Sie reichen bis in das Jahr 1964, als die Grundsteinlegung am derzeit noch aktuellen Standort erfolgte. Davor hatten die Brandschützer im Zugang zur Volksschule an der Wenkerstraße ihr Domizil im „Spitzenhaus“, wie die um 1900 entstandene schlichte Garage mit dem angrenzendem Feuerwehrturm im Volksmund genannt wurde. Die seinerzeitige Bleibe der Feuerwehr war morsch geworden und somit abbruchreif. Das baufällige Haus bildete zudem schon länger ein Hindernis an der verkehrsreichen Stelle in der Dorfmitte. Kurzum: Es wurde vor sechs Jahrzehnten aus mannigfachen Gründen der Katastrophenabwehr nicht mehr gerecht. Was folgte war der Abriss, der im Juli 1965 vollzogen wurde. Mit dem neuen Gebäude an der Langenberger Straße war Mitte der 1960er Jahre zweifellos ein funktional bestens ausgerichtetes Zentrum entstanden. Die Planung und Ausführung oblag dem Bauunternehmer Hermann Freitag (1921-2000), der sich daneben als fachkundiger ehrenamtlicher Oberbrandmeister von 1956 bis 1981 bleibende Verdienste in Wadersloh erworben hat. Als bauleitender Architekt war der zielbewusste Bauamtmann Heinrich Knüwer (1922-1994) mit von der Partie. Durch sein pragmatisches Handeln bei der Entwicklung von Baugebieten im Amt Liesborn-Wadersloh genoss der Beamte ebenso in breiten Bevölkerungskreisen eine hohe Wertschätzung. Die Kosten des am Samstag, 28. August 1965, seiner Bestimmung übergebenen Objektes beliefen auf 275.000 Mark.

„Schlauchpflege“

Nach der Überlieferung aus der in 2006 herausgegebenen Publikation „100 Jahre Feuerwehr Wadersloh“ begaben sich nach Einweihung mit dem kirchlichen Segen des katholischen Pfarrers Theodor Soddemann (1911-1977) die örtlichen und auswärtigen Honoratioren in das Gasthaus Roggenkamp am Freudenberg. In diesem Lokal ließen sie mit einer speziellen „Schlauchpflege“ in gemütlicher Runde die Eröffnung des neuen Gerätehauses ausklingen. Nicht nur die Wehr mit dem Fuhrpark und ihrer Kraftfahrzeughalle fanden an der Langenberger Straße eine neue Heimstätte. Parallel wurde eine Wohnung für den Gerätewart der Feuerwehr in das Bauwerk eingefügt. Die verantwortungsvolle Tätigkeit der Pflege der vielen Gegenstände für den Brand- und Katastrophenschutz übte drei Jahrzehnte in Verbindung als Rettungssanitäter der im Februar 2019 im Alter von 81 Jahren verstorbene Feuerwehrmann Josef Rupprecht beispielhaft aus. Überdies begleitete der Mann aus dem Gerätehaus in seiner langen Dienstzeit viele Krankentransporte, vorwiegend in die umliegenden Spitäler in Beckum, Lippstadt, Oelde und Gütersloh. Auch der Wadersloher Gemeinderat traf sich im Gebäude gegenüber dem einstigen Versammlungsort der Schützen auf Böckmanns Wiese. Vom Herbst 1965 bis zur Gebietsneuordnung im Januar 1975 mit den Sitzungen in der Regie der früheren Bürgermeister Josef Kottenbrock (1898-1972) und Karl Vorwerk (1908-1976). Nach der vom Landtag in Düsseldorf aus Diestedde, Liesborn und Wadersloh zum Beginn des Jahres 1975 beschlossenen Großgemeinde bis zur Eröffnung des heutigen Rathauses an der Liesborner Straße im Herbst 1989 kamen an der Langenberger Straße gleichfalls die in 1975, 1979 und 1984 gewählten Ratsfrauen und Ratsherren mit ihren Vorstehern Wilhelm Schulze-Fröhlich (1912-1984) und Hans Wolf (1924-2003) zusammen. Genauso richteten in dem multifunktionalen Komplex die Fraktion der Wadersloher Politik häufig ihre Besprechung aus.

Künftiger Standort der Feuerwehr in Wadersloh: Neben den vormaligen Garagen des Busunternehmens .Osburg muss auch das nebenstehende Wohnhaus der Familie Osburg für den neuen Feuerwehr-Mittelpunkt in der münsterländischen Gemeinde weichen. Fotos (2): Hans Zaremba

Debatte

Wenn auch die eigentlichen Beschlüsse für das neue Gerätehaus auf dem vormals vom Busunternehmen Osburg genutzten Areal fast nahezu einstimmig waren, gab es im Vorfeld einige hitzige Diskussionen über den tauglichen Platz für die Feuerwehr. So wurde zunächst von der Verwaltung eine Liegenschaft an der Liesborner Straße in Nähe des Gymnasiums Johanneum favorisiert. Während die CDU diese Fläche nach den Worten ihres Vorsitzenden Rudolf Luster Haggeney für geeignet befand, sah die SPD durch ihre Sprecherin Anne Claßen wegen des hohen Verkehrsaufkommens an dieser Stelle zu viele Gefahren. Umso erstaunter war die Öffentlichkeit, als im September 2019 von der Verwaltung völlig überraschend mit dem Betriebsgelände von Osburg-Reisen eine Alternative aus dem Hut gezaubert wurde. Damit war gewiss eine Beruhigung in der heftig geführten Debatte eingetreten. Nicht nur die Sozialdemokraten, die gegenüber dem Vorhaben an der Liesborner Straße stets eine skeptische Einstellung hatten, freundeten sich schnell mit der Alternative im Dreieck von Boschstraße, Krummer Weg und Dieselstraße an. Genauso zügig trat die Union trotz ihrer ursprünglichen Präferenz für einen Wehrunterstand an Liesborner Straße der vom parteilosen Bürgermeister Christian Thegelkamp offerierten Lösung bei. Unterdessen ist das vormalige Grundstück des Reiseunternehmens in das Eigentum der Gemeinde übergegangen. Ärgerlich nur, dass jetzt im Januar erneut Unruhe zu registrieren war, als sich der Busunternehmer Matthias Osburg über das zögerliche Verhalten der Politik bei der Errichtung seines neuen Betriebssitzes im Centraliapark verschnupft zeigte. 

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