Hans Zaremba erinnert an den Jugendamtsbeschluss aus 1995
Von der kommunalen Neuordnung der Stadt Lippstadt am Mittwoch, 1. Januar 1975, bis zur Ratssitzung am Montag, 30. Januar 1995, gab es in der Stadtpolitik kaum ein Thema, über das mit so viel Leidenschaft gestritten wurde, wie über das Pro und Kontra eines eigenen Jugendamtes für Lippstadt. Mit diesem Beitrag erinnert der heutige Vorsitzende des Lippstädter Jugendhilfe- und Sozialausschusses, Hans Zaremba, an den vor 25 Jahren vom Stadtrat gefassten Beschluss, zum 1. Juli 1995 ein Stadtjugendamt einzurichten.
Lippstadt am Mittwoch, 3. März 2010: Gruppenbild anlässlich der Verabschiedung des ersten Leiters des in 1995 gebildeten Lippstädter Jugendamtes, Wolfgang Roßbach (links), mit den örtlichen Journalisten Eckhard Heienbrok („Der Patriot“), Uwe Häger („Lippstadt am Sonntag“) als Chronisten und kritische Begleiter der Lippstädter Kommunalpolitik sowie Hans Zaremba, dem heutigen Vorsitzenden des Jugendhilfe- und Sozialausschuss der Stadt Lippstadt.
Archiv-Foto: Frank Osinski (Stadt Lippstadt)
Rückblick
Dem Ende Januar 1995 mit den Stimmen der “gestalterischen Mehrheit” aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Bürgergemeinschaft (BG), die sich nach der Stadtratswahl im Oktober 1994 gebildet hatte, auf den Weg gebrachten Ja für ein Jugendamt in städtischer Verantwortung waren in den vorhergehenden Jahren im Rathaus heftige Wortgefechte vorausgegangen. Die Seite der Befürworter für ein Stadtjugendamt bestand vornehmlich aus den Sozialdemokraten, die seit 1980 im Zuge der jährlichen Haushaltsdebatten fortwährend ihre Initiativen einbrachten, sich von dem für die Lippstädter Bevölkerung kaum effektiven Kreisjugendamt in Soest zu lösen und die Regie für die Jugendpolitik vor Ort zu übernehmen. Den Widerpart übten CDU und FDP aus, die für ihre Argumente stets nur schwer nachvollziehbare Kostenberechnungen anführten. Auch aus der damaligen Chefetage am Ostwall – mit den zu jener Zeit amtierenden Stadtdirektoren Friedrich Wilhelm Herhaus (+ 2014) und Klaus Karl Kaster waren kaum Anstöße für ein Stadtjugendamt zu erwarten, weil sie viel zu lange an den überholten Zahlen aus dem Hauptamt und der Kämmerei ihrer Verwaltung festhielten. Die Antwort zu den wiederholten SPD-Anträgen lautete stets: Die Kosten für ein Stadtjugendamt würden die Aufwendungen für die differenzierte Kreisumlage, die Lippstadt bis 1995 für die jugendamtlichen Dienstleistungen des Kreises aufzubringen hatte, übersteigen. Eine unzutreffende Annahme, die schon in den ersten Jahren des Lippstädter Jugendamtes entkräftet werden sollte.
Lippstadt am Montag, 19. Mai 2015: Manfred Walhorn, Ministerialdirigent aus dem damaligen Landesministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport in Nordrhein-Westfalen, Marlies Stotz, heimische Landtagsabgeordnete und Lippstädter Kommunalpolitikerin, und Hans Zaremba, Vorsitzender des städtischen Jugendhilfe- und Sozialausschusses, als Akteure eines Empfangs der Sozialdemokraten in Lippstadt anlässlich des 20jährigen Bestehens des Stadtjugendamtes.
Archiv-Foto: Mathias Marx
Erfolgsstory
Als anderthalb Jahrzehnte nach dem Einrichtungsbeschluss des Stadtjugendamtes, im März 2010, der erste Leiter des Lippstädter Jugendamtes, Wolfgang Roßbach, in den Ruhestand trat und bei seiner Verabschiedung eine Zwischenbilanz der Einrichtung in der Geiststraße gezogen wurde, wollten weder CDU und FDP noch der Verwaltungsvorstand das Stadtjugendamt missen. Von Beginn der städtischen Zuständigkeit an bis in die Gegenwart hat sich die Arbeit des Jugendamtes in Lippstadt zu einer regelrechten Erfolgsstory entwickelt. Aufsuchende Jugendarbeit (“Streetworker”) und Schulsozialarbeit, die nach der jüngsten Beratung im Jugendhilfe- und Sozialausschuss noch in diesem Jahr eine personelle Aufstockung erfahren soll, sowie die Begegnungszentren “Mikado” im Wohnpark Süd und der “Treff am Park” im Südwesten sind nur vier von vielen Errungenschaften der letzten 25 Jahre. Dazu zählt auch die nach siebenjähriger politischer Debatte durchgesetzte Schaffung eines Mehrgenerationentreffpunktes, der seinen Standort im „Mikado“ hat und mit der Unterstützung aus Bundesmitteln realisiert werden konnte. Aber auch andere Angebote, wie der im zweijährigen Turnus durchgeführte “Markt der Möglichkeiten”, hätte es ohne die mit dem Jugendamtsbeschluss parallel erfolgte Gründung des Fachbereichs Jugend und Soziales – aus dem vor acht Jahren der Fachbereich Familie, Schule und Soziales entstand – wohl nicht gegeben.
Lippstadt am Mittwoch, 5. Juli 2017: Stellten anlässlich eines SPD-Empfanges das Lippstädter Mehrgenerationentreffpunkt „Mikado“ im Wohnpark Süd vor. Von links Hans Zaremba, Vorsitzender des Jugendhilfe- und Sozialausschuss der Stadt Lippstadt, Nanni Schütte, Leiterin des „Treffpunktes“, und Manfred Strieth, Chef des städtischen Fachbereichs für Familie, Schule und Soziales.
Archiv-Bild: Karl-Heinz Tiemann
Perspektive
Zudem hat die vor einem viertel Jahrhundert erwirkte Entscheidung für ein Stadtjugendamt auch den Ausbau des breiten Angebotes von Kindertagesstätten im gesamten Stadtgebiet vorangetrieben, was für Lippstadt im kommunalen Wettbewerb zum bedeutenden Standortvorteil wurde. Während kreisweit über zu wenige Kita-Plätze lamentiert wird, konnte in Lippstadt vor wenigen Wochen vom Rat grünes Licht für den Bau der 41. Einrichtung für die frühkindliche Betreuung und Erziehung im Stadtgebiet gegeben werden. Womöglich wird sich die Politik nach der Kommunalwahl im Herbst erneut mit dem Kita-Thema zu befassen haben, wenn im Norden der Kernstadt das neue Wohngebiet „Auf dem Rode“ seine Konturen annimmt. Kurzum: Der Jugendamtsbeschluss von 1995 als wesentliche Erweiterung der kommunalen Selbstverwaltung hat die in ihm gesetzten Erwartungen nahezu gänzlich erfüllt.