Blick hinter die Kulissen bei WLE in Lippstadt
Wenn derzeit von der WLE (Westfälische Landes-Eisenbahn) die Rede ist, dann wird wiederholt über die Nutzung ihres Streckennetzes für den Personentransport spekuliert. Gegenwärtig befindet sich verstärkt die Wiederinbetriebnahme des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) auf der WLE-Strecke zwischen Münster und Sendenhorst im Gespräch, die sich auf 21 Kilometer beläuft und womöglich im Dezember 2023 von SPNV-Zügen befahren werden kann. Über dieses Thema und andere Punkte informierte sich der SPD-Ortsverein Lippstadt bei seinem WLE-Besuch.
Vom Kreis Steinfurt bis zum Hochsauerlandkreis
Unterdessen wird auch darüber diskutiert, ob die Reaktivierung der Abschnitte von Lippstadt nach Warstein sowie von Lippstadt nach Sendenhorst lohnenswert sei. Doch zurzeit lassen sich keine verbürgten Angaben herausfinden, wann auf diesen Trassen wieder Menschen mit der Bahn reisen können. Bis 1975 sind diese Abschnitte von Zügen der WLE auch für Personenverkehre genutzt worden. Heute rollen auf diesen Gleisen neben den üblichen Gütern vornehmlich Kalksandsteinzüge, wofür die WLE die Komplettleistung von der Disposition über die Beladung, den Transport und die Entladung beim Zementwerk erbringt. Beim vom stellvertretenden Vorsitzenden des Lippstädter SPD-Ortsvereins, Karl-Heinz Tiemann, in Abstimmung mit der WLE organisierten Austausch, waren auch der Vizelandrat des Kreises Soest, Dr. Günter Fiedler, als Vertreter des Fahrgastverbandes „Pro Bahn e.V.“, Regionalgruppe Hellweg, und der Vorsitzende der Lippstädter SPD-Ratsfraktion, Thomas Morfeld, zugegen. Für die Sozialdemokraten diente der Termin auch dazu, etwas über den Digitalisierungsprozess bei der WLE zu erfahren. Dabei wurden die rund 20 Besucherinnen und Besucher von Johann Ubben, Betriebsleiter Eisenbahn, und Nils Aufdemkamp, Leiter der aus 30 Fachkräften bestehenden Werkstatt – deren Personalbestand sich noch um fünf Auszubildende erhöht – begleitet. Insbesondere der Gang durch die große Betriebshalle, die sich in einem baulich intakten und architektonisch reizvollen Industriegebäude aus der Gründerzeit befindet und vollständig bis an die räumlichen Grenzen ausgelastet ist, offenbarte den Inspekteuren, was hier alles an Dienstleistungen – auch für andere Eisenbahnbetreiber – erbracht wird. Das 210 Kilometer umfassende – von der WLE betreute – Streckennetz reicht vom Norden im Kreis Steinfurt über die Kreise Borken und Coesfeld im Westen, die kreisfreie Stadt Münster, die Kreise Warendorf und Soest bis in den Hochsauerlandkreis im Süden. Bewegt werden von der WLE 20 Lokomotiven und 60 Transportwagen. Beschäftigt werden vom „Partner der regionalen Wirtschaft“, wie sich die WLE selbst empfindet, augenblicklich 113 Frauen und Männer.
Gesellschafter der WLE
Getragen wird die WLE momentan von folgenden Institutionen: Kreis Soest (31.48 Prozent der Anteilspunkte), Kreis Warendorf (26,82 Prozent), Stadtwerke Münster (14,13 Prozent), Stadt Warstein (6,71 Prozent), Stadt Beckum (6,54 Prozent), Stadt Ennigerloh (4,61 Prozent), Stadt Lippstadt (4,38 Prozent), Stadt Rüthen (1,84 Prozent), Stadt Sendenhorst (1,76 Prozent) und Gemeinde Wadersloh (1,73 Prozent). Sie sind es auch, die sich entsprechend ihrem Gesellschaftsanteil an der Verlustabdeckung zu beteiligen und ab 2014 jährlich 2,1 Millionen Euro jährlich aufzubringen haben. Eindeutige Standortfaktoren sprechen für den Fortbestand dieses Betriebes und die damit notwendigen öffentlichen Subventionen. Mit ihren 113 Bediensteten bietet die WLE in der Region sichere und qualifizierte Arbeitsplätze und in 2015 beschaffte die WLE von über 40 Firmen aus dem Kreis Soest Waren und Dienstleistungen. Johann Ubben ist nur beizupflichten, dass dadurch regionale Beschäftigungs- und Einkommenseffekte entstehen und zusätzliche Arbeitsplätze gesichert werden.
Beitrag zum Umweltschutz
Auch für den Umweltschutz und die Verkehrsentlastung trägt die WLE in erheblichem Umfang bei. Dazu nannte der WLE-Repräsentant einige Beispiele: „Der Schienengüterverkehr stößt 30-mal weniger Schadstoffe aus als der Straßengüterverkehr und verbraucht 8,7-mal weniger Energie. Die WLE verbindet die Region mit dem nationalen und internationalen Schienennetz. Das Unfallrisiko ist bedeutend geringer als im Straßenverkehr. Für die Beförderung ihrer Kapazitäten benötigt die Eisenbahn nur halb so viel Platz wie die Straße.“ Die Bahnreform mit dem Neuordnungsgesetz von 1994 eröffnete den Markt für den Wettbewerb von Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) untereinander. Für die WLE eine Möglichkeit, so Johann Ubben, auch die Gleise der DB Netz AG zu nutzen, um ihre Leistungen bundesweit anzubieten. Somit ist die WLE eines von aktuell 350 Unternehmen, die auf den deutschen Schienen im Wettbewerb stehen. Die SPD-Gruppe wollte natürlich auch etwas von den Wünschen der WLE an die Politik erfahren. Dazu wurde ihr von ihren Gastgebern unter anderem die Beibehaltung der Förderpraxis durch den Bund und das Land, die Gleichberechtigung der Verkehrsmittel, die konsequente Fortführung der Verkehrswende sowie die Vereinfachung und Professionalisierung von Genehmigungsabläufen auf den Weg gegeben. Ein wahrlich aufschlussreicher SPD-Termin.
Hans Zaremba