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Erinnerungen an Jakob Koenen

Rückblicke von Karl-Heinz Brülle und Willi Kröger

Der wohl bei weitem bedeutendste Politiker aus Lippstadt nach dem Zweiten Weltkrieg war der vor sieben Jahrzehnten – am Dienstag, 9. November 1948 – zum ersten Mal zum Bürgermeister seiner Geburtsstadt gewählte Jakob Koenen. An dessen Wirken als Stadtoberhaupt und Bundestagsabgeordneter erinnerte bei der SPD-Jubilarehrung im „Mikado“ der ehemalige Landtagsabgeordnete Karl-Heinz Brülle, während an gleicher Stelle der frühere Ratsherr und einstige Teutonen-Vorsitzende Willi Kröger das Engagement des Sportfunktionärs Koenen betrachtete.

Lippstadt am Dienstag, 9. November 1948:Nach seiner ersten Wahl zum Bürgermeister wandte sich Jakob Koenen im historischen Rathaus an die Mitglieder des damaligen Stadtrates. Fotoquelle: Stadtarchiv Lippstadt

Politiker Jakob Koenen

Karl-Heinz Brülle, der in seiner politischen Laufbahn etliche Mandate (Landtag, Kreistag und Stadtrat) und Funktionen in der SPD (unter anderem Vizechef der Kreispartei, Vorsitzender des Stadtverbandes und Ortsvereins) ausgeübt hat und ein profunder Kenner der örtlichen SPD-Geschichte ist, war in den letzten Monaten wiederholt im Stadtarchiv in der Soeststraße anzutreffen. Dort recherchierte der 69jährige, der in den 1970er Jahren als Parteifunktionär noch mit Jakob Koenen zusammengearbeitet hat, speziell über die Hintergründe der Bürgermeisterwahl in 1948, die überraschend und mit einem damals völlig ungewöhnlichen Bündnis von Sozialdemokraten und Liberalen den am Mittwoch, 5. Juni 1907, geborenen späteren selbstständigen Meister des Sattler-, Polsterer- und Dekorateur-Handwerks an die Stadtspitze von Lippstadt brachte. Den wesentlichen Ausschlag für die Verbindung von SPD (die bei der vorherigen Kommunalwahl am Sonntag, 17. Oktober 1948, sechs Sitze im Rathaus ergattern konnte) und FDP (die auf fünf Mandate kam) bei dem Votum über das Bürgermeisteramt am 9. November 1948 soll, so Charly Brülle bei seinem Vortrag im „Mikado“, ein zuvor ruchbar gewordenes umstrittenes Grundstücksgeschäft zugunsten eines Möbelhauses im Lippstädter Süden gegeben haben. Überdies soll bei diesem fragwürdigen Deal der Vorgänger von Koenen als Bürgermeister, der Christdemokrat Johannes Hense, involviert gewesen sein. Heute würde man von einem „Geschmäckle“ reden. Kurzum: Jakob Koenen wurde mit elf Stimmen zum ersten städtischen Repräsentanten gewählt, während sein CDU-Mitbewerber Heinrich Wiemeyer lediglich die sieben Stimmen seiner Fraktion bei der Enthaltung der zwei Zentrums-Vertreter auf sich vereinigen konnte. Und damit begann eine bislang beispiellose Karriere eines Kommunalpolitikers in Lippstadt, die erst durch seinen Tod im Amt am Mittwoch, 16. Januar 1974, zu Ende ging.

Samstag, 10. November 2018, im „Mikado“ (I):Bei seinen Reminiszenzen an Jakob Koenen zitierte Karl-Heinz Brülle auch aus einigen heute noch vorhandenen Schriftstücken aus der politischen Ära des Lippstädters. So aus einem Brief an den damaligen SPD-Parteisekretär, den 2011 verstorbenen Werner Roß, mit dem Jakob Koenen seinen Abschied aus der Bundespolitik ankündigte. Von 1953 bis 1969 gehörte der ehrenamtliche Lippstädter Bürgermeister zugleich auch dem Bundestag an.

Sportfunktionär Jakob Koenen

Mit seinem Rückblick auf den Sportfunktionär „Koenen Jakob“, wie der beliebte Mann aus dem Lippstädter Süden im Volksmund genannt wurde, verband der bekennende Anhänger von Borussia Dortmund, Willi Kröger, ein Erlebnis aus dem Jahr 1947, als er als Zehnjähriger den Vater des späteren Bürgermeisters, Gerhard Koenen, kennengelernt habe. Bis zu diesem Zeitpunkt war der ewige Rivale des BVB im Ruhrpott, der FC Schalke 04 aus Gelsenkirchen, durch seine zuvor geholten sechs deutschen Meisterschaften eindeutig der führende Fußballverein im Revier gewesen. Doch im Mai 1947 hätten die vom gebürtigen Dortmunder Kröger bevorzugten Borussen mit einem sagenhaften 3:2 am Schloss Strünkede und den Gewinn des Westfalentitels erstmals die Vormachtstellung der Knappen durchbrochen. Für Kröger, der 1974 Vorsitzender der „Schwatten“ vom „Waldschlößchen“ wurde, war Jakob Koenen nach dem Kriegsende für den Vorsitz bei Teutonia „die Idealbesetzung“. Von 1945 bis 1951 bekleidete der selbständige Handwerksmeister die Funktion bei den Teutonen. Mit seinem politischen Bonus und seinem Charisma habe er den Verein durch alle Schwierigkeiten der Nachkriegsjahre geführt. Als 1962 auf dem DFB-Bundestag in Dortmund ein Nachfolger für den in einigen Kreisen umstrittenen Dr. Peco Bauwens aus Köln als DFB-Chef gesucht wurde, stand nach den Worten von Kröger auch Jakob Koenen hoch im Kurs. Denn der Lippstädter hatte sich bereits als Vizepräsident des Landessportbundes in Nordrhein-Westfalen und als Vorsitzender des Fußball- und Leichtathletikverbandes überregionale Verdienste erworben. Doch das damalige Proporzgehabe beim DFB, wonach auf einen Nordrhein-Westfalen nicht wieder eine Person aus diesem Bundesland auf dem Präsidentenstuhl folgen dürfe, vereitelte den Aufstieg des Mannes aus Lippstadt an die Spitze des DFB. So wurde Hermann Gösmann aus Osnabrück DFB-Oberer und Koenen DFB-Schatzmeister. Das hinderte den Lippstädter aber nicht, auf dem Treffen der Fußballfunktionäre in der Westfalenhalle in Dortmund als einer der vehementesten Befürworter für die Installierung der Bundesliga einzutreten, die am Samstag, 24. August 1963, ihren Spielbetrieb aufnahm.

Hans Zaremba

Lippstadt am Samstag, 10. November 2018 (II): Mit launigen Worten berichtete bei der SPD-Jubilarehrung der ehemalige SPD-Ratsherr Willi Kröger über den Sportfunktionär Jakob Koenen. Fotos (2): Karl-Heinz Tiemann
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