Landesminister Rainer Schmeltzer beim SPD-Neujahrsempfang in Lippstadt
Der kurz vor dem Neujahrsempfang der Lippstädter Sozialdemokraten angekündigte Verzicht von Sigmar Gabriel auf den Parteivorsitz und die Kanzlerkandidatur und an seiner Stelle damit Martin Schulz zu betrauen, überlagerte zwangsläufig auch das traditionelle SPD-Treffen zum neuen Jahr im Gebäude „Kunst im Turm“. Dazu konnte mit dem Landesminister für Arbeit, Integration und Soziales, Rainer Schmeltzer, auch im Jahr 2017 erneut politische Prominenz aus dem Landeskabinett gewonnen werden.
Ja zum Kauf von Steuerdateien
Losgelöst von der Personalentscheidung der Bundes-SPD, die gewiss auch die wahlkämpfenden Sozialdemokraten vor Ort beflügeln und zusätzlich motivieren dürfte, bestimmte die Landespolitik in Nordrhein-Westfalen und die Leistungsbilanz der von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft repräsentierten Administration die Rede des Ministers Rainer Schmeltzer in Lippstadt. Dabei lobte der in Lünen lebende 56jährige ehemalige Sekretär der früheren Gewerkschaft ÖTV (Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr) seinen Kabinettskollegen, Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans, für den Ankauf von Compact Disc (CD) mit Steuerdaten. Die Steuerfahnder seien schon von Amts wegen dazu verpflichtet, alle Anhaltspunkte auf Steuerstraftaten zu überprüfen. Durch den vom Landeskassenwart verfügten Kauf der CDs habe der Bund ein Plus von 6.2 Milliarden und das Land rund 200 Millionen Euro mehr an Steuereinnahmen verzeichnen können.
Nein zu Studiengebühren
Überdies hob der seit dem 1. Oktober 2015 amtierende Landesminister in seiner Lippstädter Rede das zwischen Rhein und Weser erzielte Wirtschaftswachstum von 2.2 Prozent und die Förderung der Energiewende in Nordrhein-Westfalen hervor. Zudem sei ein angemessener sozialer Wohnungsbau betrieben worden. „Die Landesregierung will, dass alle Menschen bei uns zu vernünftigen Mieten wohnen können“, betonte der gelernte Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. Zugleich verdeutlichte Rainer Schmeltzer die Position der SPD-geführten Düsseldorfer Regierung, keine Studiengebühren zu erheben, während die CDU sie wieder einführen wolle. Der Standpunkt des Sozialdemokraten und Gewerkschaftler ließ bei seinen Zuhörerinnen und Zuhörer in Lippstadt keinen Zweifel aufkommen: „Auch Kinder von einkommensschwachen Eltern müssen studieren können.“
Innere Sicherheit stärken
Auch die Innere Sicherheit streifte Rainer Schmeltzer. Um sie zu festigen, werde das Land vermehrt Polizisten einstellen. Nach dem jetzt vorliegenden Entwurf des Programms der Landes-SPD für die Landtagswahl soll die Polizeistärke von 39.000 auf 41.000 Beamte angehoben werden. Um gleichzeitig Pensionierungen auszugleichen, müssen dafür jährlich 2.000 Polizeianwärter eingestellt werden. Die Zahl der „Schutzmänner an der Ecke“ soll auf 3.400 verdoppelt werden, um die Sicherheit der Bürger zu stärken. Bislang ist nach SPD-Angaben ein Bezirkspolizist für jeweils 10.000 Menschen zuständig. „Dank und Respekt“ sprach der Minister beim Neujahrsempfang der Sozialdemokraten in Lippstadt jenen Polizisten aus, die anstatt den Jahreswechsel in der Familie zu feiern, auch an Silvester ihren Dienst versehen hätten. Auch die Anschläge des vergangenen Jahres hatte der Lüner im Blick, als er davon sprach, „unser freies Leben nicht durch den Terror nehmen zu lassen“.
Rechtspopulismus bekämpfen
„Die AfD betreibt billigen und gefährlichen Populismus zugleich“, charakterisierte der Chef aus dem Düsseldorfer Integrationsressort die Rechtspopulisten und forderte beim Lippstädter Treffen dazu auf: „Jeder soll gegen die populistischen Parolen ankämpfen. Wir dürfen nicht zulassen, dass einzelne Gruppen der Bevölkerung gegen andere ausgespielt werden.“ Trotz aller Widrigkeiten sei die Willkommenskultur nicht eingebrochen und er fügte hinzu: „Während manche den Untergang des Abendlandes beschworen haben, hat Nordrhein-Westfalen mit seiner Willkommenskultur ein freundliches, tolerantes und menschliches Gesicht gezeigt.“ Über 260.000 geflüchtete Menschen seien seit 2015 in das bevölkerungsstärkste Bundesland gekommen. „Ohne die Hilfe der Ehrenamtlichen hätten wir diese Situation gar nicht meistern können“, würdigte Rainer Schmeltzer das enorme Engagement der vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer in den Gemeinden und Städten. Eine klare Absage erteilte er den CSU-Forderungen, eine jährliche Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen einzuführen. „Was sagen wir dem 200.001ten geflüchteten Menschen?“
Arbeitnehmerschutz erhalten
Auch den Prozess „Arbeit 4.0“ mit den Veränderungen der Arbeitswelt sprach Rainer Schmeltzer, der auch Landesarbeitsminister ist, an: „Wir unterstützen die Betriebsräte bei den Herausforderungen, die mit der Digitalisierung der Arbeitswelt einhergehen. Schutz und Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen nicht aufgeweicht werden.“
Karl-Heinz Tiemann