Betrachtungen zu den Kommunalfinanzen
Über viele Jahre wirkte Rainer Stratmann als Kreisdirektor und Kämmerer erfolgreich im benachbarten Landkreis Unna. Von daher war der im Frühjahr 2013 mit 63 Jahren in den beruflichen Ruhestand gegangene und in Soest lebende Ehepartner der dortigen Vizebürgermeisterin Marita Stratmann (SPD) gewiss der richtige Mann für den jetzt von den Sozialdemokraten in Erwitte ausgerichteten Abend mit dem provokanten Thema „Ohne Moos nix los!“.
Lob aus berufenen Munde
Der von der SPD-Ortsvereinsvorsitzenden in der Hellwegstadt, Ulrike Schwarz, verpflichtete Verwaltungsjurist, der über ein Vierteljahrhundert in unterschiedlichsten Führungsfunktionen die Geschicke des Kreises Unna mitbestimmt und gelenkt hat, verstand es, in anschaulicher Form die Finanzierung der Gemeinden und Städte darzustellen. Dabei bezog er sich wiederholt auf die ihm vorliegenden Zahlenwerke aus der Kämmerei der Stadt Erwitte. Ebenso beleuchtete er etliche Aspekte der kommunalen Haushaltswirtschaft, wie die Fragen: „Woher erhalten die Kommunen ihr Geld und wofür müssen sie es ausgeben?“ sowie „Was bedeutet ein Nothaushalt und welche Folgen hat er?“ Für die Erwitter Kommunalpolitiker hatte er zudem auch noch ein dickes Lob parat, als er den Personalaufwand im dortigen Rathaus „als ordentlich und nicht überzogen“ charakterisierte. Die vom SPD-Fraktionschef im Erwitter Stadtrat, Wolfgang Marcus, in der Debatte im Schlosshotel aufgegriffene Überlegung aus Ennepetal, anstatt den Gewerbesteuersatz zu heben, bei den Unternehmen Spenden für eine gemeinnützige Standortsicherungsgesellschaft einzusammeln, begegnete der Ex-Kämmerer Stratmann mit Skepsis. Vor zwei Jahren gab es im nahen Ense ein ähnliches Modell, das sich dort aber wegen nicht ausreichender Spendenbereitschaft nicht als dauerhafte Lösung erwies. Als ehemaliger Kreisdirektor nahm der Soester auch den Planungsstand des Haushaltes im Kreishaus der Bördestadt in den Fokus. Dazu gehörte auch die Entwicklung der Kreisumlage, an der sich in vergangenen Jahren oftmals die Gemüter der Verantwortlichen in den 14 Gemeinden und Städten im Kreisgebiet und in der Kreisverwaltung schieden. So kritisieren die Verwaltungschefs aus den Rathäusern vor allem den rasanten Anstieg der Kreisumlage von derzeit 147 Millionen auf knapp 155 Millionen in 2016 und befürchtete 170 Millionen in 2019.
Neue Regelungen stehen bevor
Zudem analysierte Stratmann die Lage der Kommunen zwischen Schuldenbremse und Investitionsstau. „Obwohl derzeit Rekordeinnahmen bei den Steuern registriert werden, steigen trotzdem die Kassenkredite zur Liquidität der Kommunen“, war seine kritische Feststellung. Überdies zog er mit Blick auf die nicht einfachen Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Bundesländern das Machtgleichgewicht zwischen Bund und Ländern in seine Betrachtungen ein. Denn bis Ende 2019 müssen die Regelungen zwischen den staatlichen Ebenen von neuem festgeschrieben werden. Zu diesem Zeitpunkt laufe auch der Solidarpakt aus, der vor allem die Finanzierung der ostdeutschen Länder gesichert habe. Da der bundesstaatliche Finanzausgleich daran gekoppelt sei, müsse auch er wieder verhandelt werden. „Es geht um viel Geld, es sind einige Dutzend Milliarden Euro, deren Zuordnung neu bestimmt werden muss“, betonte der Ruheständler aus Soest. Der engere Finanzausgleich zwischen den Ländern, der ein Volumen von derzeit 7,9 Milliarden Euro habe und die öffentliche Debatte präge, sei nur ein Teil davon. Wichtiger wird die neue Verteilung der Steuereinnahmen zwischen Bund und Ländern sein, die zwar immer wieder diskutiert worden sei, aber bislang noch keine Lösungen aufgezeigt habe. „Es wird dann zwangsläufig auch wieder um Zuständigkeiten gehen, etwa in der Bildungspolitik.“
Hans Zaremba