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Für einen gerechten Welthandel

Ver.di-Senioren diskutierten über Freihandelsabkommen

Das Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft) soll die Europäische Union und die USA zum weltgrößten Wirtschaftsraum verbinden. Doch der Plan beinhalte nach Auffassung des ehemaligen Zweiten Bevollmächtigten der örtlichen Industriegewerkschaft Metall (IGM), Hans-Joachim Kühler, erhebliche Gefahren für die Demokratie, Umwelt und Rechte der Arbeitnehmer.

Sieht in TTIP erhebliche Gefahren für die Arbeitnehmerrechte:Der Gewerkschaftler und Sozialdemokrat Hans-Joachim Kühler. Neben ihm die Vorsitzende der Ver.di-Senioren, Margret Schulte Steinberg. Foto: Hans Zaremba

Risiken für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit

Die Risiken, die durch TTIP für die Demokratie und Rechtstaatlichkeit drohen, stellte der heimische Gewerkschaftler in den Mittelpunkt seiner Ausführungen in der September-Runde der Lippstädter Senioren der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (Ver.di), die unter Vorsitz von Margret Schulte Steinberg und guter Beteiligung in der Begegnungsstätte der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in der Steinstraße stattfand. Obwohl kaum ein anderes Land in vergleichbarer Weise vom Handel mit industriellen Produkten wie Deutschland profitiere, dürfe dies aber kein Freibrief für die Beseitigung aller vermeintlichen „Hemmnisse“ und damit auch wichtiger Schutzstandards im globalen Welthandel sein, betonte der einstige Betriebsrat der Lippstädter Niederlassung von Thyssen-Krupp, „Rothe Erde“, an der Beckumer Straße. Sorge bereite der IGM, so Kühler, dass durch TTIP die deutschen Arbeitnehmerechte und Sozialstandards unter Druck gerieten, „da in den USA die Stellung von Gewerkschaften und Arbeitnehmern deutlich schwächer als in Deutschland ist“. Überdies sei zu befürchten, dass der deutsche Staat auf der Anklagebank sitzen könne, da über TTIP Regeln zum Schutz ausländischer Investoren vor entschädigungsloser direkter und indirekter Enteignung verankert werden sollen. „Damit können die Konzerne in demokratische Entscheidungen eingreifen“, schilderte Kühler an Beispielen von möglichen Beschlüssen des Bundestages für strengere Arbeitsschutzregeln oder höheren Mindestlöhnen, wozu den Unternehmen vor einem internationalen Schiedsgericht Klagemöglichkeiten eingeräumt werden sollen, wenn ihnen dadurch unerwartet höher Kosten entstehen.

Daseinsvorsorge erhalten

„Die vorgesehenen Schiedsgerichte sind intransparent, nicht demokratisch legitimiert – und überflüssig. USA und EU verfügen über hoch entwickelte Rechtssysteme, die Investoren ausreichend Schutz bieten“, unterstrich der Lippstädter TTIP-Kritiker die Vorbehalte der IGM. Zudem könnte TTIP die Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge erleichtern – ob Wasserversorgung, Kliniken oder Müllabfuhr -, wenn diese nicht ausdrücklich von der weiteren Marktöffnung ausgeschlossen würden. „In den vergangenen Jahrzehnten wurden bereits viele öffentliche Unternehmen privatisiert.“ Die Erfahrungen damit seien überwiegend negativ gewesen. Nicht von ungefähr würden die Kommunen nun privatisierte Versorgungsunternehmen wieder zurückkaufen, was unter der Rubrik ‚Re-Kommunalisierung‘ falle. „So groß die Risiken von TTIP sind, so gering ist das erhoffte Plus beim Wirtschaftswachstum“, meinte Kühler mit Blick auf eine Studie der EU-Kommission, wonach durch TTIP ein zusätzliches jährliches Wachstum von nur 0,05 Prozentpunkten in einem Zehnjahres-Zeitraum erwartet werde. Mit TTIP würde demnach die Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts (BIP) also beispielsweise bei 1,05 Prozent statt bei einem Prozent liegen. Andere Forscher erwarten gar Arbeitsplatzverluste, fügte Kühler hinzu. Unterdessen haben die Gewerkschaften für Samstag, 10. Oktober, 10.00 Uhr, am Hauptbahnhof von Berlin zu einer bundesweiten Demonstration gegen TTIP und für einen gerechten Welthandel aufgerufen, zu der auch aus Lippstadt etliche Gewerkschaftler erwartet werden.

Hans Zaremba

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