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Fluch und Segen

Bildungs- und Teilhabepaket in der Praxis

Wenn Sozialexperten aus Politik, Wohlfahrtsverbänden und kommunalen Verwaltungen über das Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes (im Fachjargon kurz „BuT“ genannt) diskutieren, gehen die Meinungen oft auseinander. Für die Befürworter ist es ein Segen, weil damit für etliche sozialschwache Familien vielfältige Dinge möglich werden, während die Kritiker vor dem hohen bürokratischen Aufwand zurückscheuen, der für die Umsetzung der Leistungen vom Gesetzgeber verlangt wird.

Auch das BuT war ein Thema beim SPD-Dialog in Lippstadt:Von links nach rechts AWO Unterbezirksgeschäftsgeschäftsführer Stefan Goesmann, SPD-Ortsvereinsvorsitzender Hans Zaremba und Bundestagsabgeordneter Wolfgang Hellmich.

Fingerzeig

Diese Positionen wurden auch beim Dialog des Lippstädter SPD-Ortsvereins zum Thema „Die Arbeiterwohlfahrt – ein Wohlfahrtsverband in unserer Stadt“ deutlich, als die Vor- und Nachteile des vor zweieinhalb Jahren in Kraft getretenen Gesetzes analysiert wurden. Auch bei den Hygienevorschriften, berichtete die Leiterin des Familienzentrums der AWO im Lippstädter Norden, Gabriele Oelze-Krähling, werden manchmal Risiken zu „hoch gehängt“: „Strenggenommen dürften wir mit den Kindern nicht einmal die Funktionsweise einer Spülmaschine ausprobieren.“ Diese Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen. „Wir sollten doch die Kirche im Dorf lassen“, forderte die Erzieherin Petra Zacharias. Für die AWO, so ihr Geschäftsführer Stefan Goesmann, sei es schon manchmal ein schwieriger Spagat, einen Kompromiss zwischen pragmatischen Umgang mit den gesetzlichen Vorgaben und die Wahrung der eigenen Aufsichtspflicht zu finden. Die AWO-Vertreter waren sich in der Beurteilung der Auflagen einig, wie es ihr Geschäftsführer auf den Punkt brachte: „In den Kindergärten sind wir mitten im Leben, da kann und muss man nicht die gleichen Maßstäbe anlegen wie in Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen.“ Selbstverständlich würden Hygienevorschriften nicht leichtfertig missachtet, sondern stets sorgfältig auf einwandfreie Sauberkeit geachtet. Der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Hellmich wertete diese Schilderungen als einen nachdrücklichen Fingerzeig, sämtliche Regelungen einer kritischen Bestandsaufnahme zu unterziehen und die praktische Arbeit in den Sozialeinrichtungen wieder zu stärken, die bei derartigen Auswüchsen zwangsläufig auf der Strecke bleibe.

Bedeutung

Zugleich plädierte der Bad Sassendorfer Sozialdemokrat für eine bessere Bezahlung der Angestellten in den sozialen Berufen: „Die Gehälter für das Personal in den Kitas und auch in den Pflegeeinrichtungen spiegeln in keinster Weise die Bedeutung dieser Menschen für unsere Gesellschaft wieder.“ Bei der gegenwärtigen Tarifstruktur sei es für die Kindertagesstätten auch schwer, überhaupt männliche Erzieher – die ohnehin schon sehr rar vorhanden seien – für die Sprösslinge zu bekommen, bemerkte die Kita-Leiterin und Vorsitzende des städtischen Gleichstellungsbeirates, Oelze-Krähling. Sie halte es aus pädagogischen Gründen aber für geboten, dass für die in den Tageseinrichtungen betreuten Kinder nicht nur Frauen die Bezugspersonen seien. Mit Blick auf den heraufkommenden Fachkräftemangel im sozialen Bereich hob das AWO-Mitglied und Ex-Vorsitzende des DRK-Ortsvereins in Bad Sassendorf, Hellmich, hervor: „Wir brauchen dringend mehr Kräfte in den Pflegeberufen, sozialen und hauswirtschaftlichen Berufen. Sie sorgen für die Pflege und Betreuung von Menschen und leisten so für unsere Gesellschaft einen unverzichtbaren Beitrag.“ Dieser Verpflichtung habe sich die Politik in der nächsten Legislaturperiode des Bundestages zu stellen.

Hans Zaremba

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