Willy wählen und der hohe Zuspruch für die SPD im Jahr 1972
Der Bundestagswahlkampf 1972 war wohl die bislang herausragendste Wahlkampagne in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Das Ringen der Parteien war hart und erreichte eine nie zuvor gekannte Politisierung und Polarisierung der Menschen. Vorausgegangen waren am 24. April 1972 das erste konstruktive Misstrauensvotum der noch in Bonn ansässigen Volksvertretung und am 23. September 1972 die erstmalige vorzeitige Auflösung des Deutschen Bundestags.
Hohe Mitgliederzahlen
An diese Ereignisse von vor vierzig Jahren werden sich noch diejenigen erinnern, die damals den Weg in die Sozialdemokratie fanden und nun zu den Jubilaren am Samstag, 21. April 2012, zählen. Viele, die im Bundestagskampf 1972 den Button „Willy wählen“ trugen und den vom Bundeskanzler Willy Brandt verkörperten innenpolitischen Aufbruch und die von ihm forcierte Ostpolitik unterstützten, wurden auch Mitglied in der ältesten deutschen Partei. Die SPD hatte zu jener Zeit eine Mitgliederzahl, die sich unablässig der Millionengrenze näherte und diese eindrucksvolle Marke schließlich im Jahr 1977 erlangte.
Bemerkenswerte Ergebnisse
Es war 1972 praktisch unmöglich, dem Wahlkampf gleichgültig gegenüberzustehen. Die Wahlbeteiligung erreichte mit 91,1 Prozent einen bis in die Gegenwart nicht mehr erreichten Höchststand. Die SPD wurde mit 45,8 Prozent zum ersten Mal stärkste Fraktion im Bundestag und erzielte am Sonntag, 19. November 1972, bundesweit ihr bestes Ergebnis seit ihrer Gründung am 23. Mai 1863. Auch in Lippstadt, wo der im Herbst 1969 als Nachfolger des legendären Lippstädter Bürgermeisters Jakob Koenen in den Bundestag gekommene Gewerkschaftler Engelbert Sander erneut für die SPD antrat, waren die von der SPD erzielten Resultate bemerkenswert. Die Tageszeitung „Der Patriot“ titelte am Montag, 20. November 1972: In Lippstadt erstmals SPD. Sowohl bei den Erststimmen (49,4 Prozent) als auch bei den Zweitstimmen (47,9 Punkte) lag die SPD deutlich vor der CDU, die jeweils 44,2 der Anteile für sich verbuchen konnte.
Hans Zaremba