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Schonungslose Bewertung

Gut besuchter SPD-Dialog zur Finanzkrise

Dass die augenblickliche Finanzkrise auch in Lippstadt die Menschen bewegt, wurde offensichtlich, als der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Hans Zaremba den zu diesem Thema ausgerichteten und gut besuchten öffentlichen Dialog seiner Partei eröffnete. Über 50 interessierte Bürgerinnen und Bürger waren gekommen, um sich über die Situation, die Ursachen und Folgen der weltweiten Turbulenzen auf den Finanzmärkten zu informieren. Als Gesprächspartner hatten die Sozialdemokraten mit dem Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Lippstadt, Jürgen Riepe, dem Bundestagskandidaten der SPD, Wolfgang Hellmich, und der örtlichen Abgeordneten im Düsseldorfer Landtag, Marlies Stotz, drei gut vorbereitete und urteilsfähige Referenten aufgeboten.

Raus aus der Finanzkrise.Die Akteure des Lippstädter SPD-Dialoges von links nach rechts mit dem Ortsvereinsvorsitzenden Hans Zaremba, Sparkassenchef Jürgen Riepe, Landtagsabgeordnete Marlies Stotz und Bundestagskandidat Wolfgang Hellmich.

Misstrauen

Durchaus schonungslos war die Bewertung von Jürgen Riepe, als er die Gründe des Desasters in der Finanzbranche darstellte, deren Ursachen er in der Wirtschaft der Vereinigten Staaten von Amerika ausmachte. Dies seien die extreme Niedrigzinspolitik der US-Notenbank, die Immobilienpreisexplosion, der kreditfinanzierte Konsumboom, die lockere Vergabepolitik bei Krediten in Erwartung stetig steigender Hauspreise und Vermögenswerte, Finanzierungen ohne Eigenkapital, eine zu laxe Bonitätsprüfung und ein extremes Renditestreben auf den Kapitalmärkten und die weltweite Platzierung „toxischer“ Kreditverbriefungen gewesen. „Diese verfehlte Geschäftspolitik hat bereits Mitte 2006 in den USA Zwangsversteigerungen verursacht, was schließlich zu einer weltweiten Welle von Abschreibungen, Verlusten und Insolvenzen geführt hat.“ Insbesondere habe der Mitte September erfolgte Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers die Märkte erzittern lassen. „Dadurch wurden viele Dämme gebrochen“, interpretierte Riepe die Pleite der US-Großbank. Dieses Debakel habe ein empfindliches „Misstrauen der Banken untereinander“ ausgelöst, worunter die Branche bis heute leide.

Benannte die Ursachen und zeigte die Konsequenzen auf.Jürgen Riepe, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Lippstadt

Konsequenzen

Die von den Regierungen veranlassten Maßnahmen zur Stützung der Finanzwirtschaft wurden von dem seit zehn Jahren bei der Lippstädter Sparkasse tätigen Vorstandsvorsitzenden ausdrücklich begrüßt. „Die Schirme waren nötig, um die Wirtschaft am Laufen zu halten“, unterstrich der gelernte und studierte Kaufmann seine Beurteilung zu den in den USA und in Europa beschlossenen Hilfspaketen, wozu die Bundesregierung Bürgschaften in Höhe von 480 Millionen Euro zugesichert habe. „Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind von der Krise unmittelbar nur wenig betroffen“, erläuterte Riepe deren Kreditgeschäft, das regional ausgerichtet sei. In der Regel stützten diese Institute ihre Refinanzierung auf Kundeneinlagen, womit sie nicht auf den Geld- und Kapitalmarkt angewiesen seien. „Die Sparkassen haben sich als Stabilitätsanker erwiesen und eine Kreditklemme in Deutschland verhindert“, betonte der Chef der fusionierten Sparkasse für Lippstadt, Rüthen und Warstein. Ebenso zeigte Riepe die aus der Krise zu ziehenden Konsequenzen auf. Die Basel II-Vorschriften müssten weltweit umgesetzt, die Bilanzregeln hinterfragt und die Rolle der Ratingagenturen neu definiert werden. Darüber hinaus müsse sich das Finanzgewerbe fühlbar von der Renditemaximierung lösen.

Arbeitsplätze und Mindestlohn.Diese Punkte rückte der Bundestagskandidat der SPD, Wolfgang Hellmich (rechts), in den Mittelpunkt.

Mindestlohn

Von Wolfgang Hellmich wurde das Handeln der Bundesregierung für sichere Arbeitsplätze in den Mittelpunkt seiner Ausführungen gestellt und hob hervor: „Das zweite Konjunkturpaket trägt eine sozialdemokratische Handschrift.“ Es bestehe aus einem massiven Impuls von 10 Milliarden für kommunale Investitionen, wozu nun im Kreisgebiet die Städte und Gemeinden zügig ihre Hausaufgaben zu machen hätten. Zugleich beinhalte der Maßnahmenkatalog der Koalition gezielte Hilfen für Menschen mit niedrigem Einkommen, die Senkung des Beitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung, klare Schwerpunkte bei Klimaschutz und Energieeffizienz und die Unterstützung der besonders betroffenen Automobilbranche. Für unerlässlich hält es Hellmich, in Zeiten eines drohenden Arbeitsplatzabbaus die Qualifikation der Beschäftigten mit arbeitsmarktpolitischen Instrumenten zu stärken, womit der Beitragssatz der Arbeitslosenversicherung bei 2,8 Prozent stabil bleiben soll und der Bund in 2009 und 2010 die Hälfte der von den Unternehmen für die Kurzarbeiter zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge übernehmen werde. „Abgerundet wird das zweite Konjunkturpaket durch eine Entlastung der Normaverdiener“, stellte der Sozialdemokrat die Erhöhung des Bundeszuschusses an die gesetzliche Krankenversicherung und die Senkung der Einkommenssteuer für untere Einkommen heraus. Als ein Verdienst seiner Partei sieht der stellvertretende Landesgeschäftsführer der SPD die Ausweitung des Mindestlohnes für sechs weitere Zweige (Entsorgungsbranche, Pflegedienste, Wach- und Sicherheitsgewerbe, Bergbauspezialdienste und industrielle Großwäschereien).

Soziale Infrastruktur stärken.Dafür sprach sich die Landtagsabgeordnete Marlies Stotz (links) aus.

Investitionsrückstand

Marlies Stotz berichtete, dass die SPD-Landtagsfraktion die Landesregierung aufgeordert habe, nicht nur 70 Prozent sondern die gesamten 2,84 Milliarden Euro, die aus dem Kommunal-Investitionsprogramm nach Nordrhein-Westfalen fließen, an die Gebietskörperschaften weiterzugeben. „Unsere Städte- und Gemeinden sind in einer besonders dramatischen Finanzsituation. Hier ist der Investitionsrückstand am Größten“, beschrieb die Landes- und Kommunalpolitikerin die Probleme vieler Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen. Zudem stellte Stotz den NRW-Pakt ihrer Düsseldorfer Fraktion vor. Er sehe unter anderem eine Stärkung der Stadtfinanzen und die Förderung der sozialen Infrastruktur in Schulen, Kindertagesstätten und Sportanlagen vor. „In den Landeshaushalt 2009 müssten zusätzlich 380 Millionen Euro für die Bildung eingestellt werden“, bekräftigte die Lippstädterin die Überlegungen der SPD im Düsseldorfer Landtag. Aspekte der von ihrer Fraktion geforderten Maßnahmen seien die Beitragsfreiheit für das letzte Kindergartenjahr, kostenfreie Mahlzeiten im Ganztagsbetrieb der Kindertagesstätten, die Verbesserung der pädagogischen Qualität und der finanziellen Ausstattung der Familienzentren.

Großes Interesse.Über 50 Bürgerinnen und Bürger waren der Einladung des Lippstädter SPD-Ortsvereins zum Finanzdialog gefolgt.
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