Hans Zaremba schaut auf die Euro 2021
Zum 60-jährigen Bestehen sollte die am Freitagabend in Rom mit der Partie zwischen der Türkei und Italien (0:3) gestartete Europameisterschaft ursprünglich im vergangenen Sommer stattfinden. Durch die Corona-Pandemie musste die Uefa (Union of European Football Associations) die Endrunde um ein Jahr zu verschieben. Doch bislang hält sich das Interesse der Fans für das anstehende Ereignis noch in überschaubaren Grenzen.
Verspäteter Abschied
Dies auch wegen der zuletzt mäßigen Erfolge der von Joachim Löw betreuten Nationalelf und den Grabenkämpfen, Intrigen, Vorwürfen und Nazi-Vergleichen an der Spitze des DFB (Deutscher Fußball-Bund). Die von 2020 in 2021 verlegte Euro ist nun das letzte Turnier für jenen Mann, der 15 Jahre als Bundestrainer verantwortlich war und zuvor als Assistent von Jürgen Klinsmann schon die Entwicklung der Nationalkicker weitgehend beeinflusst hat. Mit dem Vorbereitungslager des von ihm benannten Aufgebotes mit 26 Spielern in den Tiroler Bergen rund um Seefeld hatte sich der 1960 in Schönau im Schwarzwald geborene einstige Bundesligaprofi (Stuttgart, Karlsruhe, Frankfurt und Freiburg) auf die letzte Etappe seiner langen Amtszeit beim DFB begeben. Eine Phase, die ihm sicherlich etliches an Geld und durchaus einigen Ruhm eingebracht haben dürfte, aber nach der total verkorksten Weltmeisterschaft in 2018 genauso scharfen Gegenwind ins Gesicht geblasen hat. Viele Fußballanhänger, auch in der Region an Glenne und Lippe, betrachten daher den jetzt laufenden Wettbewerb mit Joachim Löw als verspäteten Abschied von einem Übungsleiter, der das DFB-Team im Juli 2014 in Brasilien zwar zum vierten Weltmeistertitel führte, danach mehr oder weniger glücklos auftrat. So war auch die Europameisterschaft 2016 kein Meisterstück, da mit Deutschland die vermutlich individuell beste Mannschaft im Halbfinale gegen den Gastgeber Frankreich ausschied. Zudem wirkt auch drei Jahre nach dem Weltturnier in Russland die desaströse Präsentation der DFB-Crew immer noch nach. Aber ein Vertrag bis 2024, ein durch die fortgesetzten Streitereien offenkundig handlungsunfähiger Verband und der Respekt vor einem Coach, mit dem Deutschland den Weltcup gewann, haben ihn in seiner Position gelassen. Daran änderte auch das katastrophale Abschneiden in der Nations League in 2018/19 mit dem letzten Platz hinter Frankreich und den Niederlanden nichts. Ebenso wenig die Deklassierung der von ihm formierten Equipe beim 0:6 in Spanien im November 2020.
Öffentlicher Druck
Der DFB wäre besser beraten gewesen, sich frühzeitiger um den jetzt von ihm für die Zeit nach der Europameisterschaft verpflichteten neuen Cheftrainer Hansi Flick zu bemühen, um mit dem einstigen Löw-Adjutanten bei der jetzt stattfindenden Euro eine neue Ära der deutschen Nationalauswahl zu prägen. Der von Joachim Löw angekündigte Rücktritt nach dem aktuellen Europaturnier ist zwar eine Ansage, der aber keine Befreiung gefolgt ist. Stattdessen musste er die Peinlichkeit eines 1:2 in Duisburg gegen Nordmazedonien hinnehmen und auf öffentlichen Druck mit der Reaktivierung von Mats Hummels (Borussia Dortmund) und Thomas Müller (Bayern München) seine Basta-Entscheidung aus dem Frühjahr 2019 revidieren. Trotz aller Probleme ist der „Bundes-Jogi“ zuversichtlich. Er zählt sein Team nicht zu den Top-Favoriten, betonte aber im Gespräch mit den Medien: „Mein Gefühl ist sehr gut.“ Ein Titelgewinn zum Abschluss seiner Karriere als Spieler und Coach im Londoner Wembley-Stadion am Sonntag, 11. Juli, wäre eine große Überraschung. Optimistisch stimmt zumindest das letzte Vorbereitungsspiel der DFB-Auswahl mit dem 7:1 gegen Lettland. Ein echter Prüfstein war der schwache Fußball-Zwerg am vergangenen Montag in Düsseldorf jedoch nicht. Nun blicken die Sympathisanten des Fußballs auf den kommenden Dienstag, 15. Juni, 21.00 Uhr, wenn Deutschland im Treffen mit Frankreich sein erstes Match bei der Jubiläums-Europameisterschaft bestreitet. Diesem Auftakt folgt am Samstag, 19. Juni, um 18.00 Uhr die zweite Begegnung, wo Portugal der Gegner ist. Zweifellos hat die DFB-Equipe mit dem Weltmeister Frankreich und dem Europameister Portugal die denkbar schwierigste Gruppe erwischt. Eine gewisse Erleichterung für die vom Torsteher Manuel Neuer (Bayern München) als Kapitän angeführten Männer des dreifachen Europameisters (1972, 1980 und 1996) könnte der Umstand sein, alle Vorrundenspiele in München und nach der Entscheidung der bayerischen Staatsregierung vor einer Zuschauerkulisse von jeweils 14.000 Menschen austragen zu können. Das beliebte Public Viewing mit Hunderten von Fans vor Großleinwänden dürfte es wegen Corona wohl kaum geben. Auch mancher Gastronom wird es wegen der behördlichen Auflagen nicht leicht haben, in seinen Lokalen Fernsehübertragungen anbieten zu können.