Hans Zaremba über einen Abend der „Optimisten“
Es ist eine äußerst wechselhafte Saison, die momentan den vielen Fans von Borussia Dortmund – mit ihnen auch die rund 170 Kinder, Jugendlichen, Frauen und Männer der „Optimisten“ in Lippstadt – abverlangt wird. Statt die Voraussetzungen für die vom BVB-Vorstandschef Hans-Joachim Watzke geforderte neunte Meisterschaft der Schwarz-Gelben zu schaffen, tritt die vom Coach Lucien Favre betreute Equipe nach einigen durchaus guten Darbietungen immer wieder mut- und ideenlos auf.
Vorzeigbarer Erfolg überfällig
In dieser heiklen Phase für Borussia Dortmund richtete der im Mai 2000 gegründete BVB-Fanclub an der Lippe sein 20. adventliches Treffen aus. Dazu konnte der Vormann der „Optimisten“ in Lippstadt, Oliver Weiß, mit den Fanbeauftragten des Bundesligisten aus dem Revier, dem 41-fachen Nationalspieler Siegfried Held und der früheren Vorsitzenden des Betriebsrats des börsennotierten Fußballclubs, Petra Stüker, zwei alte Bekannte der Lippstädter Anhängerschaft der Borussia aus Dortmund willkommen heißen. Der Besuch der seit 1981 beim BVB angestellten Fan-Betreuerin sowie des 77-jährigen einstigen Profis und späteren Trainers entspricht exakt der von der Vereinsspitze betriebenen Vereinspolitik, fortlaufend mit den Anhängen der Schwarz-Gelben den gezielten Austausch zu suchen. Eine Aufgabe, der Borussia Dortmund einen hohen Stellenwert beimisst, was auch der stetige Ausbau seiner entsprechenden Abteilung auf inzwischen neun hauptamtliche Personen für die Begleitung der gegenwärtig über 870 offiziellen nationalen und internationalen Fanclubs unterstreicht. Aus den Gesprächen in Lippstadt mit den BVB-Abgesandten, die in diesen Wochen viele Treffen ihrer kniffligen Mission in Deutschland wahrzunehmen haben, waren die Erwartungen der „Optimisten“ an ihren Club deutlich zu vernehmen: Mit dem wohl stärksten Kader im Vergleich zu den vergangenen Jahren hat Borussia Dortmund seit seinem Saisonstart in der Bundesliga im August zu oft wertvolle Punkte liegen gelassen. Nach der verpatzten Meisterschaft der letzten Spielzeit will das Umfeld des 1909 gegründeten Vereins nun schließlich einen vorzeigbaren Erfolg seiner üppig dotierten Kicker sehen.
Mitreißende Art wird vermisst
Besonders verdrießlich waren für die kritischen heimischen Begleiter der Bundesliga-Crew aus dem Ruhrpott die drei Resultate von 2:2 in Folge von Ende September und Anfang Oktober gegen Frankfurt, Bremen und Freiburg, das torlose Remis im Derby beim Gelsenkirchener Erzrivalen am letzten Oktober-Wochenende, die im November in München erlittene Demütigung von 0:4 und das peinliche 3:3 im Match mit dem Schlusslicht der Liga, dem SC Paderborn 07. Zwangsläufig ist durch diese durchwachsenen Ergebnisse der Mann an der Seitenlinie, Lucien Favre, verstärkt unter Druck geraten. Eine große Zukunft dürfte der als Taktiker und Perfektionist geltende Schweizer beim BVB nach Einschätzung auch vieler Mitglieder von den Lippstädter „Optimisten“ wohl kaum noch haben. Der 62 Jahre alte Sportlehrer hat es mit seinem Naturell ohnehin schwer, aus dem Schatten eines Jürgen Klopp herauszutreten. Obwohl der heute beim FC Liverpool als erfolgreicher Cheftrainer tätige Ex-Mainzer den Borsigplatz und die Strobelallee in Dortmund bereits im Mai 2015 verlassen hat, wirkt seine siebenjährige Amtszeit mit zwei Meistertiteln (2011 und 2012) und einem DFB-Pokalsieg (2012) immer noch nach. Wie kaum ein anderer vor und nach ihm hat er den BVB-Marketingslogan „Echte Liebe“ mit Inhalten füllen können. Seine mitreißende Art müsse auch für seine Nachfolger als Richtschnur gelten, war zu hören, wenn Borussia Dortmund wieder in die Erfolgsspur finden und die europäische Spitze erklimmen will. Momentan erscheint der achtmalige Meister (1956, 1957, 1963, 1995, 1996, 2002, 2011 und 2012) aber als ein Verein, der mehr will, es jedoch nicht richtig kann. Für seine treuen Sympathisanten entwickelt sich der BVB 09 daher viel zu langsam zu einer sportlichen Spitzenmarke. Bewertungen, die Siegfried Held und Petra Stüker im Advent 2019 nicht nur in Lippstadt vernommen haben dürften.