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Schirmherr der Herbstwoche 1985

Es war bis Ende der 1980er Jahre eine bewährte Tradition, dass ein Spitzenpolitiker aus der Landes- oder Bundespolitik die Funktion des Schirmherrn der Herbstwoche ausübte. Diese Aufgabe wechselte jährlich zwischen den damals im Lippstädter Stadtrat vertretenen Parteien SPD, CDU und FDP. Im Jahr 1985 oblag es der SPD, dafür eine populäre Persönlichkeit zu gewinnen. Das gelang der örtlichen Sozialdemokratie mit der Verpflichtung von Hans-Jürgen Wischnewski (1922-2005).

Hans Zaremba über Hans-Jürgen Wischnewski

Lippstadt am Samstag, 19. Oktober 1985 (I):
Zum Empfang des Schirmherrn der Herbstwoche 1985, Hans-Jürgen Wischnewski, links neben dem damaligen Bürgermeister Franz Klocke (1937-2023), waren etliche Gäste aus dem Stadttheater mit in das Rathaus gekommen. Unter anderem die Lippstädter Sozialdemokraten mit den damaligen Abgeordneten im Düsseldorfer Landesparlament, Karl Heinz Brülle, und im Bonner Bundestag, Engelbert Sander (1929-2004).
Archiv-Foto: Stadt Lippstadt

Kontakt

Die örtliche Tageszeitung berichtet dazu am Montag, 21. Oktober 1985: „Als vorläufigen Höhepunkt im Jubiläumsjahr apostrophierte Werner Brunswieck (Lebensdaten 1934-2019 von RLR-Redaktion eingefügt), Vorsitzender des Städtischen Verkehrsvereins, die 59. Herbstwoche, zu der er zahlreiche Gäste aus nah und fern willkommen hieß. Allen voran den Schirmherrn dieses Jahres, Hans-Jürgen Wischnewski, der Lippstadt trotz zahlreicher politischer Verpflichtungen an den Brennpunkten unserer Welt die Ehre des Besuchs gegeben habe.“ Über die Rede des Gastes aus Bonn schreibt das Blatt vom Wasserturm: „Mit der Routine des sprachgewandten Welt-Politikers verstand es Hans-Jürgen Wischnewski schnell, bei den Zuhörern im restlos besetzten Theater Kontakt herzustellen.“

Werdegang

Der am 24. Juli 1922 in Allenstein (Ostpreußen) geborene und am 24. Februar 2005 in Köln verstorbene Hans-Jürgen Wischnewski gehörte von 1957 bis 1990 dem Bundestag an. In seiner langen politischen Laufbahn füllte er viele Ämter in der Bundesregierung (Entwicklungshilfeminister von 1966 bis 1968, Staatsminister im Auswärtigen Amt von 1974 bis 1976 sowie im Bundeskanzleramt 1976 bis 1979 und erneut von April 1982 bis Oktober 1982) aus. Durch seine guten Verbindungen in den arabischen Raum bekam er von Willy Brandt den Spitznamen Ben Wisch“. Einer größeren Öffentlichkeit wurde er im Oktober 1977 durch seine erfolgreichen Verhandlungen in Mogadischu (Somalia) bekannt, wo er es schaffte, dass die auf einem Flug von Mallorca nach Deutschland entführte Lufthansa-Maschine „Landshut“ durch den Bundesgrenzschutz gestürmt und die Passagiere befreit werden konnten. Obendrein bekleidete er ebenso in der Bundes-SPD mehrere bedeutende Positionen: Bundesgeschäftsführer, Schatzmeister sowie stellvertretender Vorsitzender. 

Lippstadt am Samstag, 19. Oktober 1985 (II):
Diese Aufnahme ist beim SPD-Stelldichein im „Augustiner Hof“ mit Hans-Jürgen Wischnewski (Mitte) entstanden. Mit dabei waren von links Heinfried Heitmann, Engelbert Sander, Dr. Franz Walter Henrich, Hans Zaremba und Karl-Heinz Brülle.
Archiv-Foto: Anita Brülle

Sonderbeauftragter

Über die schwierigen Verhandlungen am Horn von Afrika wollten natürlich auch seine heimischen SPD-Parteifreunde mehr wissen, die den prominenten Sozialdemokraten im Anschluss an die offizielle Eröffnung der Herbstwoche und den folgenden Empfang im Rathaus zu einer von ihnen im damaligen Hotel „Augustiner Hof“ in der Hospitalstrasse ausgerichteten gemütlichen Runde begleiteten. In seiner ihm eigenen Art berichtete Hans-Jürgen Wischnewski über die dramatischen Vorgänge aus dem Herbst 1977. Seiner Mission in der ostafrikanischen Stadt war die im September durch die Terrorgruppe „Rote Armee Fraktion“ brutal erwirkte Entführung von Hanns-Martin Schleyer (1915-1977) und weitere Anschläge vorausgegangen. Als Sonderbeauftragter der Bundesregierung führte der Staatsminister im Auftrag des Kanzlers Helmut Schmidt (1918-2015) an den Flughäfen, wo die von den palästinensischen Terroristen gekaperte „Landshut“ gelandet war, Gespräche mit den lokalen Behörden. In Mogadischu erreichte er es schließlich, dass die Sondereinheit GSG (Grenzschutzgruppe) 9 das Flugzeug attackieren und die Geiseln retten konnte.

Parteisoldat

Ebenso hat sich Hans-Jürgen Wischnewski als Parteisoldat der SPD in seinen Funktionen vom Unterbezirkschef in Köln bis im Bundesvorstand vielfältige Verdienste erworben. Seit 1946 gehörte er der SPD an. Durch das von der CDU/CSU und der FDP eingebrachte konstruktive Misstrauensvotum vom 1. Oktober 1982 mit der Abwahl des Bundeskanzlers Helmut Schmidt und die verlorene Bundestagswahl am 6. März 1983 befand sich die SPD beim Lippstadt-Besuch des Bonner Gastes im Umbruch. Auf den langjährigen Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Herbert Wehner (1906-1990), war Hans-Jochen Vogel (1926-2020) gefolgt und auch das Ende des SPD-Parteivorsitzes für Willy Brandt zeichnete bereits sich ab. Auch aus dieser Phase schilderte Ben Wisch etliche Anekdoten.

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