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Jugendamt wurde zur Erfolgsstory

Als der Stadtrat am Montag, 30. Januar 1995, endlich grünes Licht für die Bildung eines Lippstädter Jugendamtes gab, hatten die Mitglieder der vorherigen Ratsversammlungen über das Pro und Kontra einer Jugendbehörde in städtischer Regie eine 15-jährige Debatte geführt. Es dürfte wohl kaum ein Thema nach der Gebietsneuordnung von 1975 die Kommunalpolitik so häufig beschäftigt haben, wie die seit 1980 im Zuge der jährlichen Haushalts-Beratungen wiederholten SPD-Anträge auf Übernahme der Zuständigkeit für die Jugendarbeit aus dem Soester Kreishaus in die Verantwortung der Stadt Lippstadt.

Hans Zaremba erinnert an den 30. Januar 1995

Lippstadt am Mittwoch, 3. März 2010:
Beim Abschied von Wolfgang Roßbach (links), erster Leiter des Stadtjugendamtes Lippstadt, in den beruflichen Ruhestand wollte keiner mehr die von der SPD durchgesetzte Jugendbehörde missen. Neben dem Beamten sind die inzwischen gleichfalls in Rente gegangenen Journalisten Eckhard Heienbrok („Der Patriot“) und Uwe Häger („Lippstadt am Sonntag“) sowie Hans Zaremba aus der SPD, die vom Beginn an das 1995 geschaffene Amt begleitet haben.
Archiv-Foto: Frank Osinski

Befürworter und Zweifler

Dem vor drei Jahrzehnten von der „gestalterischen Mehrheit im Rat“ aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Bürgergemeinschaft durchgesetzten Votum waren zuvor viele heftige Diskussionen vorausgegangen. Von 1980 bis 1995 hatte die SPD unzählige Initiativen für ein Stadtjugendamt ergriffen, die bei den Skeptikern aus CDU und FDP im Verbund mit der damaligen Verwaltungsspitze im Stadthaus auf wenig Gegenliebe stießen. Das Argument der Zweifler gegenüber der SPD-Idee lautete stets: Die Kosten für ein Stadtjugendamt werden die Aufwendungen für die differenzierte Kreisumlage, die von Lippstadt in jenen Jahren für die Leistungen aus dem Soester Kreishaus aufzubringen waren, übersteigen. Eine unzutreffende Annahme, die schon in den ersten Jahren des eigenständigen Lippstädter Jugendamtes widerlegt werden konnte. Zur Erinnerung: Noch in 1995 musste die Stadtkasse rund 13 Millionen Deutsche Mark an den Kreis überweisen, ohne jedoch dafür eine größere Einflussnahme auf die für Lippstadt notwendigen Jugend-Maßnahmen zu haben. Durch den Ratsbeschluss vom 30. Januar 1995 konnten schließlich Projekte auf den Weg gebracht werden, die zuvor in Lippstadt nicht vorstellbar waren. So die Errichtungen der Begegnungszentren „Treff am Park“ (1998) im Südwesten und „Mikado“ (1999) im Wohnpark Süd, die Ordnungspartnerschaft mit aufsuchender Jugendarbeit und Stadtwacht (1999), die „Märkte der Möglichkeiten“ (ab 2002), die Einführung der Schulsozialarbeit (2002/03) und die Offene Ganztagsschule (2003), das Jugend- und Familienbüro (2005), die Mobile Beratung für Familien und Kleinkinder (2008) sowie die Verstärkung der Mehrgenerationenarbeit in Lippstadt (2017). Nun soll nach einer einstimmigen Empfehlung des Jugend- und Sozialausschusses aus dem letzten November im Norden von Lippstadt ein weiterer Treffpunkt für die Mehrgenerationenangebote entstehen. Dazu will die Verwaltung am kommenden Mittwoch in der nächsten Sitzung des Fachausschuss die entsprechenden Umsetzungsschritte präsentieren.

Lippstadt am Mittwoch, 17. August 2022:
Mit zu den tragenden Säulen des Aufbaus des Lippstädter Jugendamtes gehörte neben den einstigen Fachbereichsleitern Wolfgang Roßbach und Manfred Strieth auch die aus Beckum stammende und inzwischen gleichfalls in den Ruhestand getretene Helga Rolf. Zunächst von 1996 als stellvertretende Leiterin und ab 2010 als Chefin der Jugendbehörde. Mit im Bild bei der Verabschiedung der Sozialpädagogin der damalige Vorsitzende des Jugendhilfe- und Sozialausschusses, Hans Zaremba.

Impulse für Sozialberichte

Sämtliche aus dem Jugendamtsbeschluss von 1995 resultierenden Maßnahmen für die Jugend- und Sozialarbeit an der Lippe waren zudem auch Impulse für die städtischen Sozialberichte aus den Jahren 1998, 2005 und 2015 sowie für die bei der Zusammenkunft des Jugend- und Sozialhilfeausschusses im November 2024 vorgestellte Fortschreibung als Atlas „Kommunale Entwicklung – Chancen zur Kooperation“. Überdies wäre ohne eine örtliche Jugendbehörde die reibungslose Weiterführung der in 2007 vom Deutschen Roten Kreuz aus wirtschaftlichen Gründen aufgegebenen Kindertagesstätten nicht realisierbar gewesen. Ähnliches gilt auch für die vielen Um- und Ausbauten anderer Einrichtungen für die frühkindliche Bildung im Stadtgebiet. Damit konnten bis zu den Feststellungen in 2024 bei den Betreuungsplätzen für Kinder unter Drei Jahre ein Versorgungsgrad von 47,8 Prozent und für die über Dreijährigen gar eine Quote von über 100 Punkten erzielt werden. Die vor der Ratsentscheidung vor dreißig Jahren und auch in der denkwürdigen Sitzung am 30. Januar 1995 registrierten scharfen Wortgefechte zum Für und Wider eines Jugendamtes vor Ort verstummten nach der Inbetriebnahme der Lippstädter Fachbehörde rasch. Denn die neue Administration mit ihrem ersten Leiter Wolfgang Roßbach entwickelte sich schnell zur regelrechten Erfolgsstory, die mit der Bildung des Jugendhilfeausschusses im Jahr 1996 meist durch einstimmige politische Beschlüsse begleitet wurde. Nicht zuletzt waren es die Fachbereichsleiter – so auch der Ende des Jahres 2024 in den Ruhestand getretene Manfred Strieth -, die durch ihr überzeugendes Engagement zur großen Akzeptanz des Lippstädter Jugendamtes beigetragen haben. 

Lippstadt am Mittwoch, 13. November 2024:
Sie arbeiteten mit dem zum Ende des Jahres in den Ruhestand gegangenen Manfred Strieth (Mitte) während seiner Zeit als Fachbereichsleiter der Stadt Lippstadt eng zusammen. Der Vorsitzende des Jugendhilfe- und Sozialausschusses, Wilhelm Glarmin (links) und dessen Vorgänger Hans Zaremba.
Archiv-Fotos (2): Karl-Heinz Tiemann
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