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Änderungen nach dem Fall der Mauer

Hans Zaremba über 60 Jahre Bundesliga – Teil IV

Durch den Fall der Berliner Mauer im November 1989 sollte die Bundesliga in der dritten Dekade (1983-1992) ihre bislang größten Änderungen erfahren. Dies sowohl 1990 durch den Zulauf vieler bekannter Spieler von östlich der Elbe als auch 1991 nach der deutschen Einheit durch ihre Ausdehnung auf das Gebiet der einstigen DDR. Der für „Lippstadt am Sonntag“ erstellte Beitrag ist nun vorab im weltweiten Netz zu finden.

Er gehörte in der dritten Bundesliga-Dekade zu den herausragenden Akteuren:
Lothar Matthäus (rechts), hier bei einer unterhaltsamen Gesprächsrunde anlässlich des Silberjubiläums der Fusion von Borussia und Teutonia zum SV Lippstadt 08 im Juni 2022 mit dem örtlichen Comedian Matze Knop und dem einstigen Jugendspieler von Borussia Lippstadt und späteren Profi bei den Bayern und dem BVB, Michael Rummenigge (links).
Archiv-Foto: Hans Zaremba

Überraschung

Zuvor war es eine faustdicke Überraschung, als der VfB Stuttgart im Mai 1984 mit einem Konto von 48 zu 20 Zählern die Schale holte. Den Erfolg haben die Schwaben ganz und gar ihrer besseren Tordifferenz gegenüber den punktgleichen Hamburgern und Gladbachern zu verdanken. Mit dem Coach Helmut Benthaus hatten sie den ersten Fußballer in ihrer Mitte, der in der Bundesliga als Spieler und Trainer zu Meisterehren kam. Ein Vorgang, den Jupp Heynckes, Franz Beckenbauer, Matthias Sammer, Thomas Schaaf und Felix Magath wiederholten. Im Frühjahr 1984 endete von Karl-Heinz Rummenigge die Zeit in der Bundesliga, als er nach zehn Jahren von den Bayern zu Inter Mailand ging. Im Vergleich mit den heutigen Ablösen fielen die zehn Millionen Deutsche Mark, die 1984 aus der Lombardei nach Deutschland zu überweisen waren, bescheiden aus. In seinen drei Jahren in Italien konnte der frühere Lippstädter jedoch nicht mehr an seine vorherigen Leistungen anknüpfen. Das Ende seiner imposanten Profi-Phase erfolgte 1989 bei Servette Genf in der Schweiz.

Vorherrschaft

Im Juni 1985 konnte München mit dem zurückgeholten Impresario Udo Lattek (1935-2025) zum achten Mal die Bundesliga für sich entscheiden. Mit den Wiederholungen dieses Sieges in 1986 und 1987 unterstrichen die Bayern schon damals ihre Vorherrschaft im deutschen Fußball. Für ihren Coach war im Mai 1987 definitiv Schluss an der Isar, wo er mit seinem ersten Engagement und den Meisterschaften in 1972, 1973 und 1974 bei seiner Verabschiedung zum sechsten Mal vom Rathaus-Balkon am Marienplatz jubeln konnte. Durch die zwei Schalen mit Gladbach (1976 und 1977) ist der spätere Sport-Kolumnist mit insgesamt acht Titeln der aktuell erfolgreichste Bundesliga-Übungsleiter. Inzwischen hatte nach dem Karriereende von Paul Breitner (1983) und dem Italien-Transfer von Karl-Heinz Rummenigge (1984) die zentrale Rolle im Bayern-Spiel der im Juli 1984 aus Gladbach verpflichtete Lothar Matthäus eingenommen. Dennoch konnte der Mittelfeld-Regisseur die Unterbrechung der Meisterserie von München nicht verhindern, als in 1988 Bremen neuer Titelträger wurde. Durchaus ein Verdienst ihrer sportlichen Leitung mit Otto Rehhagel auf der Trainerbank und dem Manager Willi Lemke, die 1987 an der Weser nach dem Wechsel von ihres Torjägers Rudi Völler zur AS Rom ein neues Teams formten. In 1989 und 1990 waren die Bayern von neuem auf dem ersten Rang. Deutlich kurzweiliger waren die Titelsiege mit dem 1. FC Kaiserslautern (1991), des VfB Stuttgart (1992) und von Werder Bremen (1993).

Aufstockung

Indessen war durch die am 3. Oktober 1990 erfolgte politische Vereinigung mit dem Beginn der Spielzeit 1991/92 das Liga-Feld von 18 auf 20 Vereine aufgestockt worden. Aus der DDR waren der Erste und Zweite ihrer Oberliga, Hansa Rostock und Dynamo Dresden, in die 1963 gegründete Bundesliga eingegliedert worden. Somit ist die Saison 1991/92 bis heute jene Runde mit den meisten Mannschaften und den meisten Partien. Am Ende mussten vier Teams absteigen, um in 1992/93 wieder den alten Stand mit 16 Clubs zu erreichen. Vom Unterhaus-Gang vor drei Jahrzehnen waren Stuttgarter Kickers, Hansa Rostock, MSV Duisburg und Fortuna Düsseldorf betroffen. Direkt nach der Öffnung der innerdeutschen Grenze im November 1989 heuerten die ersten DDR-Spieler in der Bundesliga an. So auch die DDR-Auswahlkicker Thomas Doll, Ulf Kirsten und Matthias Sammer, die später auch den schwarz-weißen DFB-Dress tragen sollten. Das Weltturnier in Italien mit dem deutschen Triumph im Juli 1990 in der Regie des Teamchefs Franz Beckenbauer an der Seitenlinie und des Kapitäns Lothar Matthäus auf dem Rasen kam für die Männer aus der DDR aber zu früh.  

Zeitgeschehen

Als im Juni 1989 in Berlin das DFB-Pokalendspiel zwischen Borussia Dortmund und Werder Bremen (4:1) anstand, waren für die anreisenden Fußballanhänger auf den Transitwegen von der Bundesrepublik nach Berlin gegenüber den vorherigen Verhaltensmustern der staatlichen DDR-Organe einige Lockerungen zu spüren. Immerhin hatte Ungarn schon im Mai begonnen, seine Grenzanlagen zu Österreich abzubauen. Zudem waren bei den Juni-Parlamentswahlen in Polen deutliche Siege der oppositionellen Solidarnosc zu verzeichnen. Die Umwälzungen im Ostblock waren nicht mehr aufzuhalten. Eine Entwicklung, die ohne den letzten Präsidenten der Sowjetunion, Michail Gorbatschow (1931-2022), kaum möglich gewesen wäre. Von dieser Politik wurde auch das von der SED beherrschte Land rasch erfasst. Nur einen Monat nach dem 40. Jahrestag der am 7. Oktober 1949 gegründeten und von dem Sowjets gestützten DDR nahm mit dem Mauerfall am 9. November 1989 dort die friedvolle Revolution ihren Lauf. Bereits am 3. Oktober 1990 waren die zuvor in zwei Staaten lebenden Menschen Bürgerinnen und Bürger in der vereinigten Bundesrepublik Deutschland.

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