Wochenrückblick von Hans Zaremba
Die erste Woche im Mai startete in Lippstadt mit der traditionellen Treffen zum Tag der Arbeit vor dem Rathaus. Standen vormals bei den Mai-Feiern der Gewerkschaften prominente Redner – Eugen Drewermann, Hans Koschnick, Kevin Kühnert, Karl-Josef Laumann und Franz Müntefering – im Vordergrund, erprobte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in 2023 ein verändertes Format.
Talkrunde oder Reden
Dazu hatten die Gewerkschaften für eine Gesprächsrunde auf der Bühne auf dem Rathausplatz mit dem an der Lippe gut bekannten Fernseh- und Radiojournalisten Heinrich Buttermann einen versierten Diskussionsleiter gewonnen. Dem in Lippetal-Herzfeld aufgewachsenen langjährigen WDR-Mann oblag es mit Berthold Hanebrink von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätte (NGG), Roswitha Lauber aus der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Julia Schymik für die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Ver.di) und Kevin Veith aus der Industriegewerkschaft Metall (IGM) einen Austausch über das aktuelle gewerkschaftliche Engagement zu führen. Was häufig bei Umgestaltungen traditioneller Veranstaltungen festzustellen ist, war gleichfalls beim 1. Mai in Lippstadt zu hören. Während eine Gruppe das gewählte Talkformat begrüßten, vermissten andere Besucherinnen und Besucher den Auftritt einer Rednerin oder eines Redners, um das DGB-Motto zum Tag der Arbeit in 2023 „Ungebrochen solidarisch“ deutlicher zu akzentuieren
Aufträge und Streikrecht
Diskutiert wurde auf dem Rathausplatz das Verlangen der DGB-Vorsitzenden Yasmin Fahimi, dass die öffentliche Hand keine Aufträge mehr an Unternehmen vergeben dürfe, die ihre Beschäftigten nicht nach Tarif bezahlen. Für die von ihren Organisationen an den Infopunkten vor dem Rathaus aufgebotenen Akteure „eine pure Selbstverständlichkeit“, wie dies ein Gewerkschaftler bekräftigte. Auf breite Ablehnung stießen bei den vor Ort vertretenen Gewerkschaften die Forderungen aus Teilen der Unionsparteien nach einer Einschränkung des Streikrechts in vermeintlich besonders wichtigen Branchen. „Wo beginnt eine solche Regelung und wo endet sie“, wollte ein Metaller am 1. Mai in Lippstadt wissen.
Unpassende Auslassungen
Es war der technische Geschäftsführer der GWL (Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Lippstadt), Johannes Althoff, der in der letzten April-Woche mit der Bemerkung „wirtschaftlicher Irrsinn“ die in Lippstadt für notwendig gehaltenen Maßnahmen zum Klimaschutz bezweifelte. Zwangsläufig folgte auf diese Äußerung heftige Kritik. Die Auslassungen des gewiss anerkannten Baufachmannes waren nicht nur unpassend, sondern widersprechen den von der Lippstädter Politik angepeilten Ziele der Klimaneutralität. Für den GWL-Aufsichtsratsvorsitzenden Udo Strathaus (SPD) ändere der Althoff-Kommentar nichts an den Klima-Zielen der GWL Was jedoch in der ersten Mai-Woche weitere Fragen in der SPD auslöste, ist das bisher zögerliche Beratungsverfahren über das von der Lippstädter Stadtverwaltung mit 1,4 Milliarden bezifferte Lippstädter Klimaschutzpaket. Die Sozialdemokraten vermissten diese Vorlage auf der Tagesordnung für die Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am kommenden Montag, 8. Mai.
„Geschmäckle“ nicht ausgeräumt
Aufsehen erregte in den letzten Tagen ebenso ein Vorgang im von Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) geleiteten Wirtschaftsministerium in Berlin. Von der „Trauzeugen-Affäre“ ist mit Blick auf eine umstrittene Postenvergabe ist die Rede. Für den Vizekanzler ist der von den Medien als „grüner Filz“ bezeichnete Verdacht der Vetternwirtschaft längst zur brisanten Angelegenheit geworden. Der Ressortchef muss aufpassen, „dass ihm die Kontrolle nicht entgleitet“, hatte Wenke Börnsen am Donnerstag, 4. Mai 2023, für die „Tagesschau“ folgerichtig gemeint. Wenn inzwischen der Bundesminister und sein Staatssekretär Patrick Graichen den Fehler bei der Personalsache eingeräumt haben, bleibt für den Beobachter ein gewisses „Geschmäckle“ bestehen.