Eurosport vergrößerte sein Lippstädter Ensemble
Nun war „Eurosport“ bereits zum dritten Mal mit einem Kameramann und einem Redakteur im Wohnzimmer des HSV-Anhängers aus dem Norden der Kernstadt, Karl-Heinz Tiemann, zu Gast, um dort Emotionen von Fußballfans an der Lippe bei den Übertragungen der Topspiele der Bundesliga am Samstagabend und den vorherigen Konferenzschaltungen am Nachmittag in Bildern und Tönen einzufangen. Ergänzt wurde diesmal das muntere Ensemble der Lippstädter Beobachter auf dem Fußball-Sofa, das sich bislang vornehmlich aus örtlichen SPD-Mitgliedern rekrutierte, durch die sozialdemokratische Ratsfrau mit einer HSV-Mitgliedskarte, Christine Goussis.
Kopfschütteln und Frustration
Doch die große Leidenschaft der 46jährigen Gesamtschullehrerin und der Enthusiasmus des Gastgebers, ein pensionierter Diplom-Bauingenieur, für die Rothosen reichten nicht aus, um beim FSV Mainz 05 eine erneute Schlappe der Hanseaten zu verhindern. Dabei hatte es für die bislang Unabsteigbaren aus der Großstadt an Alster und Elbe so gut bei den Nullfünfern begonnen. Was offenkundig den beiden heimischen Protagonisten für den Traditionsverein aus Hamburg fehlte, war der Beistand des Pfarrers Dietmar Gröning-Niehaus, der in der Regel zur Stammbesetzung auf dem Lippstädter Fußballsofa gehört. Aber ein Gottesdienst im benachbarten Geseke hindern den Theologen mit seiner Affinität für den BVB 09 daran – wie eigentlich vorgesehen -, rechtzeitig zur zweiten Halbzeit in der Ulenbergstraße zugegen zu sein. Immerhin stand es nach 45 Minuten noch 1:1 und der Dino hatte berechtigte Aussichten, in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt zu punkten. Der Kommentator im Fernsehen spricht von einem Spiel auf höchstem Niveau, was bei den HSV-Anhängern auf dem Kanapee gerne aufgenommen wurde. Aber in der zweiten Halbzeit starteten die Männer aus Rheinhessen mit einem Führungstreffer, was bei Christine Goussis ärgerliches Kopfschütteln auslöst und Karl-Heinz Tiemann in eine totale Frustration versetzt. Nach dem Schlusspfiff in der Spielstätte in der Eugen-Salomon-Straße 1 in Mainz und der ärgerlichen HSV-Schlappe stimmten ihre Lippstädter Anhänger mit dem Coach der von ihnen geschätzten Equipe, Markus Gisdol, überein:: ‚Es ist wirklich schwer, diese Niederlage zu akzeptieren und einzuordnen. Es nützt nichts, am Ende hinterherzurennen und zu sagen, ‚die haben sich bemüht‘. Wir müssen es schaffen, aus guten Partien etwas mitzunehmen.‘
Zwei Schlappen und ein Sieg
Um 18:30 Uhr beginnt das Abendspiel. Zuvor geht noch viel Fachsimpelei von den vermeintlich klugen Kennern beim Sender über den Äther. Vor Beginn des Spiels in Dortmund wird in deren Stadion wie üblich die Hymne ‚Youll never walk alone‘ gesungen. Die meisten der 80.000 sind sichtbar gefühlsbetont, manche haben gar Tränen in den Augen. Die Lippstädter sehen auf dem Schirm, wie die „Optimisten“ ihre Fahne mit der Lippe-Rose als ihr Erkennungszeichen auf dem Spielfeld im Dortmunder Fußballtempel schwenken. Aber der erwartete Mann vom Bodenpersonal der Evangelischen Kirche ist immer noch nicht eingetroffen, die Gläubigen in der Martin-Luther-Kirche in der Nachbarstadt halten ihn noch auf. Auch bei diesem Match wirkt sich sein Fehlen aus, prompt liegt der von ihm verehrte Club zur Pause mit 1:2 zurück. Trotz der Leistungssteigerung des Spitzenreiters in der zweiten Hälfte, wo auch der Pastor auf der Couch eingetroffen ist, verlieren die Dortmunder nach 41 ungeschlagenen Bundesligapartien ihren Heimnimbus. Dietmar Gröning-Niehaus hat in den 45 Minuten auf der Polsterbank in Lippstadt zwar sein Bestes gegeben, aber offenkundig der BVB auf dem Rasen in Dortmund nicht genug. Das Fazit an diesem Samstag: Hamburg verloren, BVB bezwungen, München erfolgreich, Leipzig gewonnen. Für die drei sozialdemokratischen Fußballfans mit ihren unterschiedlichen Präferenzen für Hamburg und Dortmund ein trüber Tag. Doch 24 Stunden später war das Trio wieder versöhnt, als ihre Sozialdemokratie in Niedersachsen siegte.
Hans Zaremba